Solingen
Kommunistische Widerstandskämpfer mit Stolpersteinen geehrt
Vier kommunistische Widerstandskämpfer gegen den Hitler-Faschismus und die psychisch kranke Lina Jordan, die durch die barbarische „Euthanasie“ ermordet wurde, wurden am 24. Januar früh in Solingen durch den Künstler Gunter Demnig mit Stolpersteinen geehrt. Organisiert hatte diese verdienstvolle Würdigung der antifaschistische Verein Max-Leven-Zentrum Solingen e.V.
Der 22-jährige Wilhelm Wieden wurde im Oktober 1933 von den Faschisten als mutmaßlicher Kommunist inhaftiert – aus Rache, weil im Solinger Stadtteil Burg bei einem Festtag eine Hakenkreuzfahne heruntergerissen wurde. Auf dem Weg ins KZ im Emsland wurde er erschossen.
Weitere drei Kommunisten, die den Hitler-Faschismus überlebt hatten, wurden gewürdigt, entgegen den bisherigen Gepflogenheiten in Solingen, mit den Stolpersteinen nur an im Widerstand ermordete Antifaschistinnen und Antifaschisten zu erinnern. Der Solinger Kommunist und Widerstandskämpfer Willi Dickhut (1904 bis 1992), Mitbegründer und Vordenker der MLPD, war mit allen drei bekannt. Er würdigt sie in seinen beiden Autobiografien.
Paul Claasen (* 1891) war 1919 Gründungsmitglied der KPD, 1920 im Widerstand gegen den faschistischen Kapp-Putsch und ab 1934 Mitinitiator des illegalen antifaschistischen Widerstands. „Am 16. Mai 1935 wurde er durch die Gestapo verhaftet. Im Februar 1936 verurteilte ihn der Volksgerichtshof wegen Hochverrats zu zehn Jahren Zuchthaus. 1943 überstellte man ihn ins österreichische KZ Mauthausen. In seinen Begleitpapieren stand RU, das heißt: Rückkehr unerwünscht. Paul Claasen überlebte durch die Hilfe eines tschechischen Arztes, der ihn als Hilfssanitäter einsetzte.“ (Quelle: Max-Leven-Zentrum; Willi Dickhut „So war's damals …“ S. 153 f.)
Der Drucker Georg Haberer (1903 bis 1978) wurde „1934 zu einem der reichsweit wichtigsten Auftragsdrucker der nun illegalen kommunistischen Partei und stellte massenweise Flugblätter und Zeitungen her … im Juli 1935 (wurde er) festgenommen und im Februar 1936 vom Volksgerichtshof zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bei Kriegsende wurde er von der Roten Armee aus dem Zuchthaus Brandenburg-Görden befreit“. (Quelle: Max-Leven-Zentrum). Willi Dickhut würdigt ihn in „So war's damals …“ als mutigen und solidarischen Antifaschisten (S. 169 und S. 231).
Bewegend war, dass und wie die benachbarte Karl-Ruß-Schule sein Andenken unter der Schülerschaft würdigt.
Die Solinger Arbeiterin und Kommunistin Betty Pallas (1910 bis 1988) kämpfte vor dem Hitler-Faschismus als Gewerkschafterin mit Streiks von Frauen für Lohnerhöhung und unterstützte nach 1933 den antifaschistischen Widerstand. Dafür wurde sie 1934 zu anderthalb Jahren Gefängnis wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt. Nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus wurde sie KPD-Mitglied und für die KPD Stadtverordnete im Stadtparlament und im Landtag NRW. Nach dem Verbot der KPD im August 1956 kandidierte sie im Oktober 1956 mutig mit zwei anderen Kommunistinnen, Franziska Lohbach und Luise Dickhut, als „Unabhängige“ zu den Kommunalwahlen in Solingen. (Willi Dickhut, „Was geschah danach?“ S. 259 bis S. 268)
Solche Stolpersteinverlegung mit öffentlicher Wirkung in den Medien (auch der WDR war da), mit aktiver Beteiligung von Schulen und fortschrittlichen und kämpferischen Organisationen wie VVN-BdA, DKP und MLPD sind gerade heute, in einer Situation der akuten faschistischen Gefahr wichtige Signale. Erfreulich auch: Die Initiatoren der Stolpersteine sagten erneut zu, dass in einer nächsten Runde auch Willi Dickhut mit einem Stolperstein geehrt werden würde.