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Regierungsbildung - Neuer Versuch

Seit den Nationalratswahlen in Österreich gelang es über vier Monate hinweg nicht, eine neue Regierung zu bilden. Zunächst verhandelten Österreichische Volkspartei (ÖVP), Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und NEOS. Sie scheiterten an der Frage, auf wessen Kosten die Staatsschulden verringert und das EU-Defizitverfahren abgewendet werden kann.

Von hr/Coburg
Regierungsbildung - Neuer Versuch
Demonstration in Wien gegen Regierungsbeteiligung der FPÖ im Januar 2025 (Foto: C.Stadler/Bwag, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>)

Dieses Defizitverfahren hätte für die Kreditaufnahme Österreichs eine Verschlechterung des Kreditratings und eine Erhöhung der Zinsen bedeutet. Gift für die Monopole, die einen ungeheuren Kapitalbedarf haben.

 

Sie befürchteten zudem, wenn sie diese Frage nicht in den Griff bekommen, eine „Radikalisierung“ nicht nur für Österreich, sondern auch für Europa. „Bei einer wackelnden Basis erleben die radikalen Linken ebenso einen Aufschwung wie die radikalen Rechten." So der frühere Präsident der Industrieellenvereinigung Georg Kapsch in einem Interview mit dem Standard vom 26. Februar. Tatsächlich fürchten sie vor allem ein Anwachsen der Kapitalismuskritik in Österreich und dass sich die Arbeiterbewegung stark macht auch gegen die faschistische Gefahr. Reaktionäre und faschistoide Kräfte jagen ihnen lange nicht einen solchen Schrecken ein.

 

Die Herrschenden befinden sich in einer Zwickmühle. Eine seit Jahren andauernde Weltwirtschaftskrise, Strukturkrisen, begonnene globale Umweltkatastrophe, andauernde Regierungskrise. Eine Regierung aus der faschistischen "Freiheitlichen Partei Österreichs" (FPÖ), mit der ÖVP, mit dem Faschisten Herbert Kickl an der Spitze, sollte es nach dem Scheitern der ersten Verhandlungen zwischen der ÖVP, der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und den NEOS richten. Auch das ist gescheitert. Was viele Menschen - nicht nur in Österreich - sicherlich mit Erleichterung aufnehmen. Dazu haben die antifaschistischen Massenproteste beigetragen.

 

Einem größeren Teil österreichischer Monopolverbände war der europafeindliche Kurs der FPÖ ein Dorn im Auge. Sie sehen ihr Potenzial im EU-Binnenmarkt, aber auch in einigen asiatischen und in den lateinamerikanischen Märkten. Sie wollen auch die militärische Einbindung Österreichs in die EU. Anfangs befürworteten die Monopolverbände in Österreich durchaus eine faschistisch geführte Regierung. Sie wollten angesichts der multiplen Krisen „durchregieren“, und der Präsident der Industrieellenvereinigung Knill sah „eine große Deckungsgleichheit“ zwischen dem Programm der FPÖ und dem der ÖVP. Sie hielten die Ablehnung proeuropäischer Positionen der FPÖ zunächst nur für Säbelrasseln. Das bestärkte die FPÖ in ihren europafeindlichen und russlandfreundlichen Positionen. Angesichts der Trump-Regierung und ihrer "Amerika-First-Politik" nahmen österreichische Kapitalistenverbände vorläufig Abstand von der Regierungsbeteiligung der FPÖ. Jetzt zeichnet sich ab, dass eine neue Regierung gebildet wird, mit einer Koalition aus ÖVP/SPÖ und NEOS. 

 

Die neue Koalition übernimmt das Kürzungsprogramm, das zwischen FPÖ und ÖVP in Höhe von 6,4 Mrd. Euro alleine für dieses Jahr ausgehandelt worden ist. Es sieht massive Einsparungen bei allen Ministerien vor, die Abschaffung des Klimabonus, Kahlschlag beim Klimaschutz, weg vom grünen Stahl, Aufhebung des Verbrennerverbotes, Aufhebung der Bildungskarenzzeiten sowie weitere Einschränkungen des Asylrechts. Die Aufrüstung soll dabei nicht angetastet, sondern erhöht werden durch die Anschaffung des Eurofighters und des Raketenschirms Euro-Shield. Klar ist schon jetzt, dass diese Milliardenkürzungen nicht ausreichen werden. Das im Vergleich zu Deutschland höhere Rentenniveau wird bereits ins Spiel gebracht.

 

Wie entwickelt sich der Widerstand der Massen ins Österreich? Hunderttausende demonstrierten gegen die Gefahr einer faschistischen Regierung unter einem Kanzler Kickl.

 

Nicht umsonst haben sie sich bisher nicht an die Pensionen herangewagt, aus gutem Grund. Schon bei der ersten Runde der Pensionsreform 2013 kam es in Österreich nach Jahrzehnten der Ruhe an der Streikfront zu einem Generalstreik. Die Arbeiterklasse und die breiten Massen in Österreich sind gefordert. Damit ihr Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten mit einer gesellschaftlichen Perspektive, dem echten Sozialismus, geführt wird, bedarf es des Aufbaus einer starken, in den Massen verankerten, marxistisch-leninistischen Partei in Österreich. Hier und im Aufbau einer antifaschistischen Einheitsfront werden wir uns in Europa gegenseitig weiter unterstützen.