Was steckt hinter dem Eklat

Was steckt hinter dem Eklat

Offener Machtkampf im westlich-imperialistischen Lager

Das gestrige Treffen zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump, seinem Vize JD Vance und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geriet zum offenen Schlagabtausch und Eklat.

Von pw/gis
Offener Machtkampf im westlich-imperialistischen Lager
Die Zukunftsdemonstration des 20. Internationalen Pfingstjugendtreffens (rf-foto)

Dass die Differenzen vor laufender Kamera ausgetragen werden, ist im westlichen Lager sicherlich ein Novum. Das Niveau war in weiten Teilen unterirdisch, mit gegenseitigen Vorwürfen, wer wen nicht genügend gewürdigt hätte. Sicherlich war es auch eine gezielte Demütigung von Selenskyj durch Trump und Vance. Sie wollten damit auch der Form nach ihren Alleinherrschaftsanspruch über die Welt demonstrieren. So lobt der Republikaner Self den Eklat als Beweis neuer „amerikanischer Führerschaft".

 

Der Kern der Angelegenheit liegt nicht in dem Eklat im Weißen Haus. Es geht um einen offenen Machtkampf im westlich-imperialistischen Lager zwischen den USA und führenden europäischen Imperialisten. Das geht über die bisherige Spaltung der NATO hinaus. Die faschistische Trump-Administration zerstört gezielt die Nachkriegsordnung und bisherige gemeinsame Vorgehensweisen im westlichen Lager und betreibt eine faschistisch-imperialistische Politik. Aber auch die treibenden Kräfte der imperialistischen EU und führende europäische Imperialisten melden ihren weltweiten Führungsanspruch offen an. So hat EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas gestern Abend erklärt: "Heute ist klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht. Es liegt an uns Europäern, diese Herausforderung anzunehmen."

 

Mit „freier Welt“ hat das allerdings nichts zu tun und auch nicht mit der Heuchelei von Trump, es gehe um einen „schnellen Frieden“ oder der EU, es gehe um „gerechten Frieden“. Hier stoßen knallharte imperialistische Interessen offen aufeinander.

 

Die USA wollen der Ukraine einen Rohstoff-Deal diktieren. Demnach würden 50% der Rohstoffeinnahmen künftig von den USA kontrolliert. Trump will dem US-Imperialismus den alleinigen Zugriff auf Seltene Erden, wichtige Metalle und die Öl- und Gasressourcen der Ukraine sichern und imperialistische Konkurrenz ausschalten. Aber auch die EU hatte schon vor dem Krieg ihr "Interesse" an den Rohstoffen der Ukraine deutlich gemacht und 2021 Abkommen mit Kiew zu ihrer Ausbeutung geschlossen. Das Papier nannte sich „Aktionsplan der EU für kritische Rohstoffe“ und zielte auf eine verstärkte Unabhängigkeit von China ab. Mitte letzten Jahres analysierte die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU, dass die Ukraine „Interessensgebiet der EU“ werde und eine bedeutende künftige „geoökonomische Rohstoffbasis für eine Reihe strategischer Schlüssellindustrien Westeuropas“ sei.

 

Militärisch setzt Trump auf einen Diktatfrieden gemeinsam mit dem neuimperialistischen Russland. Das dient auch dazu, die zentralen militärischen Kräfte auf einen künftigen Krieg mit dem sozialimperialistischen China zu verlagern. Das heizt aber die Gefahr eines atomaren Weltkriegs an. AfD-Chef Chrupalla hat gestern seine wärmste Unterstützung für einen nur von den USA und Russland ausgehandelten Diktatfrieden erklärt.

 

Teile der EU-Imperialisten und das ultrareaktionäre bis faschistische Selenskyi-Regime wollen den Krieg dagegen gegenwärtig sogar weiter verschärfen, auf Kosten der ukrainischen und der russischen Jugend, die in diesem Gemetzel gnadenlos verheizt werden. Selenskyi fordert provokativ neue Waffenlieferungen und neue Milliarden. Diese Verschärfung hat das Potential, über kurz oder lang in einen neuen imperialistischen Weltkrieg zu münden.

 

Der EU-Imperialismus beansprucht jetzt selbst eine globale Führungsrolle. Schon verstärken sich Diskussionen über eine „europäische Verteidigungsunion“. Von einer Achse Deutschlands, Frankreichs und Polens, das jetzt offen neumperialistisch auftritt, reden zum Beispiel Grünen-Politiker. Friedrich Merz fordert „eine stärkere Rolle Deutschlands in der EU“. Gleichzeitig will auch Großbritannien die Führungsrolle im Konzert der europäischen Imperialisten spielen und hat für Sonntag zu einem Sondergipfel nach Großbritannien eingeladen. Ungarn und die Slowakei haben sich dagegen auf die Seite Trumps geschlagen, was die Spaltung auch in der EU zeigt. Für Donnerstag wurde zu einem EU-Sondergipfel eingeladen.

 

Trump hat diesen eigenständigen Machtanspruch der EU im Blick, wenn er unlängst sagte, dass die EU nur gegründet wurde, „um die USA fertig zu machen“. Das ist einerseits natürlich Unsinn, weil die Wurzeln der EU auch auf die US-Politik zur Eindämmung des Kommunismus nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgingen. Aber die EU hat zunehmend einen eigenständigen imperialistischen Anspruch vertreten. Im Buch „'Götterdämmerung' über der neuen Weltordnung“ von Stefan Engel wurde dazu ausgeführt: „Mit der Expansion in Länder außerhalb der EU wird die machtpolitische Absicherung dieser neuen Gebiete immer wichtiger.“ Dort wurde auch darauf hingewiesen, dass auch die EU zur Durchsetzung ihrer imperialistischen Politik „zunehmend militärische Mittel“ einsetzt. Zugleich wurde festgestellt, dass sie dies „im Allgemeinen nicht im Alleingang“ tun, denn „das würde die zwischenimperialistischen Widersprüche schlagartig verschärfen und könnte sogar einen neuen Weltkrieg heraufbeschwören.“

 

Damals waren Einsätze nur im Rahmen der NATO und in Abstimmung mit den USA denkbar. Hier vollzieht sich eine weitreichende Veränderung und es bahnt sich eine äußerst gefährliche offene Zuspitzung der zwischenimperialistischen Widersprüche bis zu einem offenen Schlagabtausch an.

 

Das wird auch weitreichende Auswirkungen auf Deutschland haben. Scholz, Baerbock und Merz erklärten sogleich eine „volle Solidarität“ mit dem Ultrareaktionär Selenskyi, der aufs Engste mit Faschisten zusammenarbeitet. Sie nutzen den Eklat, um einen massiven Schub der weiteren Militarisierung und Hochrüstung vorzubereiten. Söder von der CSU forderte heute eine dramatische Hochrüstungspolitik mit 100.000 Drohnen, 800 neuen Panzern, 1000 Taurus. Er fordert vehement einen neuen militärischen Sonderhaushalt - und das in einer Situation, in der sich das neue Parlament noch nicht konstituiert hat - noch mit den alten Mehrheiten vor der Bundestagswahl. Das hat es bisher nicht gegeben und es würde die offene politische Krise weiter verschärfen.

 

Aktiver Widerstand gegen die massiv geforderten Hochrüstungspläne ist erforderlich. Auf den gewerkschaftlichen Demonstrationen am 15. März muss das wichtiges Thema sein. Wichtig ist es, in dieser Situation sich nicht auf die Seite eines der Imperialisten zu stellen. Es ist die Zeit des proletarischen Internationalismus und der internationalen Einheitsfront gegen Krieg, Faschismus und Umweltzerstörung. Statt US- oder EU-Chauvinismus - Make socialism great again!