Mahnung und Vermächtnis
80. Jahrestag der Selbstbefreiung von Buchenwald mahnt zur antifaschistischen Einheitsfront
Mit einem militärischen Aufstand übernahmen die Häftlinge des KZ Buchenwald heute vor 80 Jahren, am 11. April 1945, das Lager, nahmen über 200 SS-Angehörige fest und übergaben das Lager zwei Tage später der US-Armee. 21.000 geschundene Häftlinge überlebten. Unter ihnen waren 900 Kinder, die ihr Leben noch vor sich hatten. Die letzten Überlebenden konnten am vergangenen Wochenende an den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten teilnehmen.
Eines dieser Kinder war Stefan Jerzy Zweig
Er überlebte den faschistischen Holocaust, weil kommunistische Häftlinge ihn versteckten und retteten. Er war das "Kind im Koffer", dem im mehrfach verfilmten Roman "Nackt unter Wölfen" ein Denkmal gesetzt worden ist. Jerzy Zweig starb erst im Februar 2024. Ein weiteres Denkmal hat er in Solingen erhalten. Schülerinnen und Schüler der Solinger Gesamtschule haben im Jahr 1997 im Widerstand gegen einen stadtbekannten Faschisten durchgesetzt, dass ein Erweiterungsbau ihrer Schule den Namen "Jerzy Zweig" erhielt. Sie hatten nach den faschistischen Brandanschlägen Anfang der 1990er Jahre die Schüler-AG "Weiße Rose" gegründet, die es bis heute gibt. Jerzy Zweig hat bis zu seinem Tod die Rolle der Kommunisten verteidigt, die ihm das Leben retteten. Gegen Volkhard Knigge, den durch und durch antikommunistischen ehemaligen Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, war er sogar vor Gericht gezogen, weil dieser die lebensrettende Rolle der kommunistischen Häftlinge leugnete und sie als angebliche "Legende" bekämpfte. "Ich bin keine Legende", rief Zweig im Gerichtssaal empört dazwischen.
Aus eigener Kraft von ihren faschistischen Folterknechten befreit
Im Konzentrationslager Buchenwald haben sich vor 80 Jahren die Häftlinge am 11. April 1945 aus eigener Kraft von ihren faschistischen Folterknechten befreit. Knapp einen Monat später mussten die deutschen Faschisten am 8. Mai 1945 bedingungslos vor der Anti-Hitler-Koalition kapitulieren. Die Selbstbefreiung der Häftlinge in Buchenwald ist einmalig in einem Konzentrationslager auf deutschem Boden. Vorausgegangen war dem ein jahrelanger systematischer, illegaler, hoch organisierter Widerstand unter kompliziertesten Bedingungen und ständiger Todesbedrohung. Die organisierten Antifaschisten unter den Häftlingen leisteten unter Führung eines verdeckt arbeitenden internationalen Lagerkomitees Sabotage in der Rüstungsindustrie, sie schmuggelten Waffen in das Lager, retteten Häftlinge vor dem sicheren Tod, wo immer dies möglich war, leisteten gegenseitige Solidarität, organisierten politische und kulturelle Bildung und retteten Zehntausenden das Leben. Die historische Wahheit, dass sich die Häftlinge von Buchenwald unter der Bedingung der näherrückenden US-Armee selbst befreiten, wird seit Jahrzehnten von Reaktionären und Antikommunisten, teilweise auch vom bürgerlichen Antifaschismus bekämpft.
Es war ein überparteilicher Widerstand der Häftlinge, die aus 50 Ländern kamen. Ein überparteilicher und auch internationaler Widerstand. Durch die umsichtige Führung von kommunistischen Häftligen kam unter schwierigsten Bedingungen ein breiter Zusammenschluss zustande. Das haben die Häftlinge in Buchenwald geschafft, und das ist zukunftsweisend für den Aufbau der heute dringend notwendigen antifaschistischen Einheitsfront. Es hat sich auch erwiesen und erweist sich bis heute, dass auch Antifaschisten aus bürgerlichen Kreisen ihre antifaschistische Gesinnung am besten umsetzen können, wo sie vor der Zusammenarbeit mit Kommunisten keine Scheu haben.
Die Rolle der Kommunisten bei dieser Selbstbefreiung ist dem Antikommunismus ein tiefer Dorn im Auge. Tatsächlich operierten am 11. April 1945 bereits amerikanische Truppen in Thüringen. Sie hatten jedoch nicht das militärische Ziel der Befreiung von Buchenwald. Die Soldaten der US-Armee, die zwei Tage nach der Selbstbefreiung der Häftlinge nach Buchenwald kamen, haben das Lager mehr oder weniger zufällig entdeckt. Ein vom WDR bereits vor vielen Jahren ausgestrahlter Film - hier der Link - legt gut dar, welche Rolle der militärische Widerstand der Häftlinge hatte. Amerikanische Offiziere legen darin Zeugnis ab, das dem Narrativ "Befreiung durch die US-Armee" entgegensteht.
Den Schwur von Buchenwald für heute erneuern und umsetzen
Im Auftrag des deutschen Imperialismus hatte der Hitler-Faschismus 1939 den Zweiten Weltkrieg entfesselt. Die faschistische Ideologie vom „Volk ohne Raum", das Kolonien und Land im Osten, in Polen und in der Ukraine braucht, entsprach der Gier der deutschen Monopole nach Rohstoffen und Einflussgebieten. 55 Millionen Tote, zerstörte Städte und Dörfer, verwüstetes Land, Millionen Flüchtlinge, unvorstellbares Elend, jahrelanger Hunger waren die schrecklichen Folgen. Es ist unauslöschlich im Bewusstsein der Arbeiter, der Arbeiterinnen und der breiten Massen in Deutschland verankert, dass so etwas nie wieder geschehen darf!
Der moderne Faschismus tritt deshalb heute nicht so auf wie der Hitlerfaschismus. Er spielt nicht mit offenen Karten. So gebärdet sich die AfD ja sogar als Friedenspartei, wendet sich gegen Tauruslieferungen an die Ukraine. Dabei ist sie keineswegs gegen die Aufrüstung der Bundeswehr in der Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs, wenn der deutsche Imperialismus dabei eine führende Rolle spielt. Der moderne Faschismus gibt sich zum Teil auch sozial. So fordert die AfD zunächst heuchlerisch eine Rente von 70 Prozent des Durchschnittsverdiensts der Beschäftigten. Auch passt sie sich zeitweilig parlamentarischen Gepflogenheiten an. Nur so und dank der medialen und zum Teil staatlichen Förderung konnte die AfD einen solchen Einfluss bekommen.
Heute gibt es in Deutschland und vielen Ländern der Welt eine akute faschistische Gefahr. Wenn wir heute im Gedenken an die Selbstbefreiung der Häftlinge in Buchenwald ihren berühmten Schwur erneuern, den Faschismus mit all seinen Wurzeln zu vernichten, dann bedeutet das besonders die Verpflichtung zur Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung über den modernen Faschismus.
Und die Verpflichtung, alles dafür zu tun, dass eine breite antifaschistische Einheitsfront geschmiedet wird. Wie es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gedenkens der United Front am 4. September 2023 in Buchenwald zum Ausdruck brachten: "Als Erbauer der antifaschistischen, antiimperialistischen und internationalistischen Einheitsfront schwören wir, den Kampf gegen Faschismus, Ausbeutung, Unterdrückung, das imperialistische Weltsystem zu führen. Es lebe der proletarische Internationalismus, es lebe die antifaschistische und antiimperialistische Einheitsfront!"