Massenrebellion

Massenrebellion

Zum Aufruhr gegen Faschismus in der Türkei

Die Massenrebellion hatte letzte Woche einschließlich der Großdemonstration am 29. März 2025 mit 2,2 Millionen Beteiligten allein in Istanbul einen Höhepunkt. Laut BIRGÜN-Online vom 30. März fanden in 73 von 83 Städten in der Türkei und Nordzypern Proteste statt. Dazu kommen Hunderttausende, die an den Newroz-Festen in kurdischen und westlichen Städten teilnahmen.

nc/hodo

Es gab und gibt etliche Streiks, Tarifauseinandersetzungen und Kämpfe, die sich mit den Massenprotesten durchdringen. Auch Schüler und Arbeiterjugendliche nehmen an den Protesten teil. In Izmir gab es am 28. März einen halbtätigen Streik der  DISK, ausdrücklich für die Freilassung des inhaftierten CHP-Politikers Imamoglu. Es hat sich ein breiter Konsens von vielen Kräften entwickelt, darunter auch der CHP.

 

Die Entwicklung hin zu dieser Massenrebellion ist in zahlreichen erbitterten Arbeiterkämpfen begründet, die schon Monate währten, lange, bevor die Verhaftung von Imamoglu das Fass zum Überlaufen brachte.

Verschärfung der faschistischen Unterdrückung

Die Regierung reagiert mit einer enormen Verschärfung der faschistischen Unterdrückung. Auch Imamoglus Leute landen im Gefängnis Silivri. Der faschistische Präsident Erdoğan schickte am 28. März die Bevölkerung für neun Tage in den Ramadan-Urlaub, in der Hoffnung, dass die Proteste zurückgehen. Sie gingen aber weiter, wenn auch quantitativ weniger. Am 5. April demonstrierten hunderte Rechtsanwälte für das Recht auf unabhängige Verteidigung, gegen ihre Gängelung. Schauspieler, Künstler, Lehrkräfte, Wissenschaftler, kleine selbständige Gewerbetreibende, Rentner, Arbeitslose werden selber zur Zielscheibe der Repression.

 

Die Verarmung und Rechtslosigkeit trifft die Arbeiterfamilien, aber auch andere Schichten. In den letzten zwei Monaten verloren 5.000 Menschen ihre Arbeit. Der Mindestlohn liegt bei 710 Euro, 22.104 TL unterhalb der Hungergrenze. 60 Prozent der Arbeiter bekommen Mindestlohn. Die Inflation liegt bei 39% jährlich. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 11,4 Millionen. (DISK-AR vom 10.2.25). Nur zwei von zehn Arbeitslosen beziehen Arbeitslosengeld. In den letzten zehn Jahren sind 21.281 Arbeiter bei der Arbeit ums Leben gekommen. (birgün.net, 14.7.24). Die Menschen sprechen von Arbeitermorden.

Die Arbeiterkämpfe beleben sich

Arbeiter von der deutschen Havi Logistiks, des globalen Losgistikdienstleisters von McDonals, kämpfen gegen die Verweigerung ihrer gewerkschaftlichen Rechte. An der Aktion unter Führung ihrer Gewerkschaft Nakliyat-Is nahmen am 5. April 2025 Studenten der Galatasaray Universität teil; sie überbrachten ihr Anliegen, gemeinsam zu kämpfen. Die Arbeiter von Tezcan Galvanik in Kocaeli Kartepe streiken seit 25 Tagen um 80% Lohnerhönung. Mitte März haben 300 Arbeiter des amerikanischen Schweißtechnik-Unternehmens Lincoln Electric in Kocaeli nach 43 Streiktagen Tarifrecht erkämpft, trotz Streikverbot. Die Arbeiter müssen größte Herausforderungen und Hürden überwinden, gegen Verbote sowie Entlassungen. Auch in der Frauenbewegung entwickeln sich neue Elemente. Frauen und LGBTI+s versammelten sich in Istanbul und protestierten gegen die sexuelle Belästigung und Leibesvisitation von inhaftierten Frauen. "Wir schweigen nicht, wir haben keine Angst, wir gehorchen nicht" und "Sexuelle Gewalt ist ein Verbrechen, verfolgt die Täter".

Morgen Internationalismus-Live-Veranstaltung in Gelsenkirchen

In der kurdische Bewegung gibt es eine wichtige Annäherung und gemeinsame Aktionen: „Bei einem Solidaritätsbesuch bei der Istanbuler Stadtverwaltung bekräftigten der DEM-Vorsitzende Tuncer Bakırhan und sein Amtskollege Özgür Özel von der CHP ihren Willen nach einem gemeinsamen Kampf für Demokratie“. Es gibt in der kurdischen und der türkischen Bewegung intensive Diskussionen und Kritik an der kemalistischen CHP. Alle Möglichkeiten des gemeinsamen Kampfes zum Aufbau einer antifaschistischen Volksfront zum Sturz der faschistischen Erdogan-Regierung müssen ausgelotet und wahrgenommen werden. Aber genauso wichtig ist die Auseinandersetzung um die Strategie und die Perspektive dieses Kampfes, an dem von der bürgerlichen Monopolpartei bis zu revolutionären Kräften die Bandbreite reicht.

 

Am morgigen Mittwoch findet in Gelsenkirchen eine Internationalismus-Live-Veranstaltung zum Aufruhr gegen den Faschismus in der Türkei statt. Ihr Kernstück wird eine Podiumsdiskussion sein, veranstaltet vom Internationalistischen Bündnis. Auf dem Podium sind Vertreterinnen und Vertreter von türkischen und kurdischen Migrantenorganisationen mit engsten Verbindungen in die Türkei sowie internationalistisch tätige und revolutionäre deutsche Organisationen. Bisher werden auf dem Podium sein: Süleyman Gürcan für die Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK), ein Vertreter der Plattform für die Einheit der Arbeiter und die Brüderlichkeit der Völker (BIR-KAR), Burak Nom von der Arbeiterpartei der Türkei (TIP), Gabi Fechtner für die MLPD, Mustafa Agir Birhimeoglu, zuständig für Außenbeziehungen im kurdischen Verein und Arif Celebi von Marksist Teori.