Indonesien

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Roadtrip zum weltgrößten Nickeltagebau

Auszüge aus Reisebericht

Von einem Korrespondenten
Roadtrip zum weltgrößten Nickeltagebau
Schichtwechsel am Tor der Mine (foto: privat)

Geplante drei Tage für 1100 km auf dem Motorroller – während unseres Urlaubs auf Sulawesi / Indonesien wollten wir auch den größten Nickeltagebau der Welt sehen. Unsere Tour führte uns von Palu im Norden der Insel bis in den Süd-Osten nach Morowali. Auf der bergigen Tour wechselten sich Wälder, Palmöl- und Kokosplantagen ab, immer wieder unterbrochen von großen Reisterrassen.

 

Am zweiten Tag erreichen wir Bungku, die Hauptstadt des Regierungsbezirks Morowali. Auffällig sind hier die besonders großen und prächtigen Moscheen. Und vor jeder ein Plakat, auf dem der Bergbaukonzern Vale ein schönes Zuckerfest wünscht. Wie wir später erfahren, investiert Vale einiges in die Klassenzusammenarbeitspolitik. Dazu gehörten große Spenden an Moscheen, Beteiligung an Straßenbauprojekten, aber auch die gründliche Untersuchung von Arbeitsunfällen im Tagebau. Dadurch ist es Vale gelungen, ein positives Bild in der Öffentlichkeit zu erzeugen und als netter Ausbeuter zu erscheinen.


Gegen Abend erreichten wir endlich unser eigentliches Ziel, den Indonesia Morowali Industrial Park (IMIP). Je näher wir kommen, desto schlechter werden die Straßen. LKWs, die Radlader, Bagger und Chemikalien zum Tagebau transportieren, verursachen auf den engen Straßen häufiger Staus. Der eh überall rumfliegende Hausmüll nimmt ein gewaltiges Ausmaß an. Massenhaft Arbeiter der 58 Tochterfirmen des chinesischen Nickelkonzerns Tsingshan kommen auf Motorrollern in ihren grauen Overalls und mit meist gelben Bauhelmen zur Arbeit. Die meisten sind keine 30. Auch einige Arbeiterinnen sind unterwegs.

 

Die Infrastruktur der Kleinststädte rings um den Tagebau ist völlig überlastet. Überall werden neue Wohnhäuser gebaut. Sie sind eingeschossig, bestehen in der Masse aus kleinen Einzimmerwohnungen. Die Seitenstraßen sind noch unbefestigt und bei dem vielen Regen in der Übergangszeit verschlammt. Dazwischen einzelne sehr schicke Hotels. Die Stadt verfügt auch über einen eigenen, kleinen Flughafen. Wie uns ein Arbeiter erzählt, wird er ausschließlich von China genutzt, um chinesische Arbeiter, Material und hochrangigen Besuch ein- und auszufliegen.

 

Noch am Abend treffen wir Gewerkschafter von SBIPE. Sie haben sich letztes Jahr gegründet und ihre führenden Mitglieder sind Arbeiter bei Tsingshan. Zuvor hatten sie Studiengruppen zum Arbeitsrecht und zur Wirtschaftsanalyse gegründet. Sie erzählen uns, dass allein Tsingshan 97.000 Arbeiter und Angestellte hat.


Ihre wichtigsten Ziele sind der Kampf um höhere Löhne. Denn der Mindestlohn beträgt nur 3,1 Mio. Rupien und 0,9 Mio. Rupien Zuschüsse für Miete und Sozialleistungen für Singles, umgerechnet etwas über 200 Euro. Deshalb machen viele Arbeiter Überstunden, um über die Runden zu kommen. Die Folge ist, dass Übermüdung zu häufigen Unfällen führt. Allein bei einer Explosion eines Schmelzofens kamen 52 Arbeiter ums Leben. Es gab aber auch schon Helikopterabstürze und viele weitere Unfälle, die vertuscht werden. Meist wird den Arbeitern die Schuld gegeben – sie hätten nicht gut genug aufgepasst. Dabei sind die Maschinenführer gleichzeitig für die Überwachung der Arbeitssicherheit zuständig und dadurch überlastet. Aber selbst nach schwersten tödlichen Unfällen steht höchstens eine halbe Stunde die Produktion, und es werden keinerlei Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Unfälle getroffen.

 

Auch wollen sie, dass die Infrastruktur und Müllentsorgung ausgebaut werden. Die Firma investiert hier nichts, mit der Rechtfertigung, dass sie schließlich die moderne chinesische Technologie nach Indonesien brächten.


Ihre Gewerkschaft unterstützt auch die Hinterbliebenen der Arbeitsunfälle. Doch am drängendsten ist ihr Wunsch nach Kontakten zur internationalen Gewerkschaftsbewegung, um zu lernen, wie sie Arbeitskämpfe besser organisieren können.

 

Am nächsten Vormittag besuchen wir die Gewerkschaft SPIM. Sie berichteten uns noch mehr zu den Arbeitsbedingungen. Es wird in drei Schichtgruppen gearbeitet. Es gibt sowohl 12-Stundenschichten von 6 bis 18 Uhr und von 18 bis 6 Uhr als auch 8-Stundenschichten ab 8 Uhr. Das erklärt den ständigen Fahrverkehr von und zur Mine.

 

Bereits 2020 organisierten sie einen Streik für höhere Löhne. Es waren mehr Streikende als Streikbrecher. Allerdings sind viele Arbeiter wieder nach Hause gefahren, nachdem sie von den Streikposten aufgehalten wurden. Auch 2022 wurde gestreikt. Dieses Mal gegen die Unterdrückung durch die Corona-Regeln. Denn nach Ausbruch der Pandemie durften die Arbeiter keinen Urlaub mehr nehmen und die Orte direkt am Tagebau nicht verlassen. Viele von ihnen wohnen aber außerhalb. Als die Regeln dann gelockert wurden, bestimmte die Firma, wer freibekommt. Dadurch durften nur höhere Angestellte nach Hause, aber die Arbeiter mussten bleiben.


Auf dem Weg zurück nach Palu fiel uns erst auf, dass die grauen Overalls der Arbeiter noch 140 km nördlich der Mine zum Trocknen aufgehängt sind.