Solidarität erstarkt

Solidarität erstarkt

Nakba-Tag: Kundgebungsrede von Monika Gärtner-Engel - Massendemonstrationen in Den Haag und London

Am 15. Mai 1948 begann die Vertreibung von 800.000 Palästinenserinnen und Palästinensern aus ihrer Heimat durch reaktionäre Zionisten. Das war die Nakba, die Katastrophe für das palästinensische Volk, das seither für seine Rückkehr und seine nationale und soziale Befreiung kämpft. Rund um den Erdball war der Nakba-Tag 2025 alles andere als ein Tag stillen Gedenkens: Weltweit erstarkt die Solidaritätbewegung gegen Israels Völkermord und für den palästinensischen Überlebens- und Freiheitskampf.

Nakba-Tag: Kundgebungsrede von Monika Gärtner-Engel - Massendemonstrationen in Den Haag und London
Massendemonstration am gestrigen Sonntag in Den Haag (Foto: Rode Morgen)

Auf der Startseite von Rote Fahne News steht das "Thema der Woche" unter der Überschrift "Nakba-Tag: Schluss mit Völkermord und Vertreibung!", das Einblicke in die vielfältigen Aktivitäten rund um den Nakba-Tag gibt sowie Hintergrundartikel enthält. Die Massendemonstrationen in Den Haag und London am 17. und 18. Mai für die sofortige Beendigung des Gazakriegs waren mit die größten Manifestationen der wachsenden Palästina-Solidaritätsbewegung.

 

120.000 rot gekleidete Demonstranten marschierten am Sonntag durch Den Haag. Sie forderten von ihrer Regierung, sich für den sofortigen Stopp von Israels Vernichtungsfeldzug im Gazastreifen einzusetzen. Die Organisatoren sprachen von der größten Demonstration des Landes seit zwei Jahrzehnten. Die ICOR-Organisation Rode Morgen war mitten unter den Demonstranten. In London demonstrierten am Samstag sogar fast eine halbe Million Menschen: Hunderttausende beim Nakba-Marsch in London

Rede von Monika Gärtner-Engel auf der ICOR-Kundgebung in Berlin

Ein Highlight der Solidarität mit den Menschen im Gaza war die Kundgebung des Internationalen Koordinierungskomitees der revolutionären Weltorganisation ICOR am 17. Mai in Berlin. Monika Gärtner-Engel, die Hauptkoordinatorin der ICOR, hielt dort eine Rede, die wir hier dokumentieren.

 

Liebe Berlinerinnen und Berliner,
liebe Freundinnen und Freunde des palästinensischen Volkes!

 

Wir, das Internationale Koordinierungskomitee der revolutionären Weltorganisation ICOR haben uns versammelt, um gegen die Waffenlieferung an Israel zu protestieren.

 

In diesen Tagen denken Millionen Menschen rund um den Globus an die brutale Vertreibung von 700.000 Palästinenserinnen und Palästinensern durch die zionistische Regierung Israels 1948.

 

Die Vertreibung, die Nakba, begann also keineswegs im Oktober 2023 – sie begann 1947/48 und hat heute einen grausamen Höhepunkt erreicht.

 

Dieser Tage starb mit 103 Jahre Margot Friedländer, eine der letzten Überlebenden der Shoah, dem grausamen Mord an 6 Millionen Jüdinnen und Juden durch den deutschen Hitler-Faschismus. Ihre Konsequenz war ihr Engagement für Menschlichkeit und für die Völkerfreundschaft.Wenn uns die Geschichte Deutschlands eines lehrt, so, dass Deutschland nie wieder verantwortlich sein darf für imperialistischen Weltkrieg, für Faschismus, für Völkermord.

 

Doch der israelische und der deutsche Staat ziehen andere Lehren. Der deutsche Staat unterstützt die israelische Regierung, obwohl diese palästinensischen Boden in einem Meer an Blut tränkt, um darauf ein Großisrael errichten zu wollen. Das ist kein Krieg der Religionen, das ist kein Krieg gegen den Antisemitismus, sondern Israel führt einen imperialistischen und unterdrückerischen Krieg.

 

Vor wenigen Tagen feierten die deutsche und die israelische Regierung die 60jährigen diplomatischen Beziehungen beider Länder. Dabei erwies der Bundespräsident Walter Steinmeier in Israel dem wegen Kriegsverbrechen mit internationalem Haftbefehl gesuchten israelischen Präsidenten Benjamin Netanjanu die Ehre eines Staatsbesuches. Nach herzlichen Begrüßungen richtete Bundespräsident Steinmeier ein paar mahnende Worte an seinen Duz-Freund Isaac Herzog, „die Hilfslieferungen aus humanitären Gründen unverzüglich wieder zuzulassen“. Nach diesen mehr als spärlichen Floskeln widmeten sich beide einem gemeinsamen, sicher opulenten Arbeitsessen.

 

Keine 70 Kilometer entfernt sterben massenhaft Kinder, Frauen, Kranke und Alte an Hunger! 1 kg Mehl kostet 30 €!

 

Heute veröffentlichte die Oxfam-Mitarbeiterin Bushra Kilidi einen dringenden Appell, sofort die Hilfslieferungen wieder aufzunehmen. Sie berichtet von hungernden Babies, die schon zu schwach sind, um zu schreien; von Müttern, die Gras kochen, um was in die Mägen zu bringen und die Schildkröten aus Kloaken fischen, da der Zugang zu Ackerflächen und Fischereigebieten von Militär abgesperrt wird. Das Leiden des palästinensischen Volkes durch eine äußerst brutale militärische Großoffensive des israelischen Militärs geht weiter, ja steigert sich tagtäglich.

 

Israels Präsident Isaac Herzog hatte immerhin bei seinem vorausgehenden Besuch in Berlin das grausame Vorgehen der israelischen Armee verteidigt: Israel sei „Schutzwall der Freiheit, der Demokratie, der Menschheit und der Menschlichkeit“. Menschlichkeit? Freiheit? Demokratie?

 

Bis zum 7. Mai 2025 wurden nach offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums von Gaza fast 55.000 Menschen getötet, 100.000 weitere Menschen sind verschwunden oder
lebensverändernd verwundet, 1,7 Millionen Palästinenser sind im Gazastreifen auf der Flucht. Das Militär betreibt eine regelrechte Menschenjagd. Wohnungen, Infrastruktur, Strom, Wasser, Gesundheitswesen, landwirtschaftliche Anbauflächen – alles annähernd völlig zerstört.

 

Seit dem 2. März blockiert Israel die Lieferung von Waren und Hilfsgütern für die rund 2,1 Millionen Einwohner des Gazastreifens, weswegen jeden Tag immer mehr Palästinenser den Hungertod erleiden müssen. Eine unbeschreiblich grausame humanitäre Katastrophe.

 

Doch wie sagte Ex-Bundeskanzler Scholz Ende 2023 vor laufender Kamera? „Israel ist ein demokratischer Staat mit sehr humanitären Prinzipien. Wir können uns deshalb sicher sein, dass die israelische Armee ... die Regeln beachten wird, die sich aus dem Völkerrecht ergeben.“

 

Doch während Kanzler Scholz sich zynischer Weise „sehr sicher“ ist, schreibt ein Kind aus Gaza: „Ich erinnere mich daran, wie unsere Ältesten immer sagten: Niemand stirbt vor Hunger in seiner Heimat! Aber jeden Tag gehen wir hungrig ins Bett. Wenn wir nicht durch Bomben sterben, sterben wir vor Hunger!“ Ist das Menschlichkeit? Oder ist das Völkermord?

 

Völkermord ist nach einer UN-Konvention von 1948 durch die bewusste und erklärte Absicht gekennzeichnet, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise auszulöschen. Genau das passiert im Gazastreifen. Israels Ex-Verteidigungsminister Moshe Ya‘alon spricht offen von »ethnischer Säuberung« im Gazastreifen;
dort werde »das Land von Arabern gesäubert«.

 

Menschen werden wie Tiere behandelt, so wie es Israels Kriegsminister Yoav Gallant auch unmissverständlich formuliert hat: „Wir kämpfen gegen Tiere und handeln entsprechend.“ Das ist die entmenschlichende Sprache von Faschisten, die offensichtlich der wortführende Teil von Netanjanus Regierung sind. Ein ausführlicher Untersuchungsbericht von Amnesty International sieht alle Kriterien eines gezielten Genozids mehr als bestätigt. Der Historiker und Holocaust-Forscher Amos Goldberg von der Hebräischen Universität Jerusalem, hat für dieses Verbrechen eindeutige Worte: »Ja, es ist ein Völkermord«.

 

Ohne Unterstützung der USA, ohne Unterstützung der deutschen Regierung, könnte die faschistisch-zionistische Regierung Israels diesen Völkermord nicht begehen! 2023 exportierte die Bundesregierung militärisches Gerät im Wert von 326 Millionen Euro nach Israel. Dabei hatte die alte Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Passage: "Keine Waffenlieferungen in Krisengebiete". 2024 gehörte Israel mit einem Volumen von 161 Millionen Euro zu den Top 10 der Importstaaten deutscher Waffen.

 

In einer beispiellosen Medienkampagne gegen jede Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung wird die Keule des Antisemitismus geschwungen und als ein angeblich linker Antisemitismus verunglimpft. Antisemitismus war noch nie links. Beginnend mit Karl Marx und Friedrich Engels hat die revolutionäre Arbeiterbewegung seit jeher jeden Antisemitismus entschieden verurteilt.

 

Das palästinensische Volk musste in seinem Kampf um Freiheit und nationale Souveränität seit der Kolonialzeit bis heute immer gegen imperialistische Interessen Widerstand leisten – und das muss es weiter tun. Die Hoffnungen auf ein friedliches Zusammenleben des Staates Israel und Palästina wurden durch imperialistische Manöver vor allem unter dem Einfluss der USA mutwillig zerstört.

 

Unsere weltumspannende Solidarität gilt dem Lebenswillen, dem Widerstand, dem Freiheitskampf, der Sehnsucht des palästinensischen Volkes nach einem befreiten Palästina!

 

In diesem Sinne richten wir unsere Forderung an die israelische Regierung und an alle Regierungen, die diesen mörderischen Krieg unterstützen: Stoppt den Völkermord und die Vertreibung in Palästina! Sofortige Zulassung aller Hilfslieferungen!

 

Wir protestieren auf dieser Versammlung mit aller Entschiedenheit gegen die Unterstützung der Bundesregierung für das zionistisch faschistische Regime in Israel
und sagen:

  • Das ist Beihilfe zum Völkermord!
  • Schluss mit den Waffenlieferungen!
  • Beendigung der diplomatischen Beziehungen, wie es die kolumbianische Regierung Petro verwirklicht hat!
  • Schluss mit jeglicher finanzieller und politischer Unterstützung für Kriegsverbrechen!
  • Schluss mit der Hetze und Verleumdung jeder Kritik als antisemitisch!

 

Doch wir bleiben nicht bei der Kritik stehen!

  • Fördern wir die weltweite Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf!
  • Stärken wir die säkularen und demokratischen Kräfte!
  • Verwirklichen wir mit aller Energie den Solidaritätspakt mit dem Al-Awda Health Care Center zum Wiederaufbau des Gesundheitswesens.

 

Helfen wir mit, den Traum des 11-jährigen Mahmoud aus Gaza zu verwirklichen:

 

»Mein Wunsch ist es, zu reisen.

 

Um in ein Krankenhaus zu gelangen und Armprothesen zu bekommen.
Damit ich einen Ball in meinen Händen halten kann.
Damit ich spielen kann.
Damit ich schreiben kann.
Damit ich essen kann.
Damit ich leben kann.«

 

Hoch die internationale Solidarität! Free Palestine!

 

Überall auf der Welt: für Freiheit, Demokratie und Sozialismus!

 

Bericht über die Kundgebung in Berlin