Begeisterndes Turnfest in Leipzig

Begeisterndes Turnfest in Leipzig

Ein Ende der Krise im deutschen Turnsport?

Das am vergangenen Sonntag zu Ende gegangene Internationale Deutsche Turnfest in Leipzig mit fast 80.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und mehr als 750.000 Besuchern war etwas Besonderes, darin sind sich alle Beteiligten im Nachhinein einig. Denn es demonstrierte eindrucksvoll die große Bedeutung des Sports für einen solidarischen Umgang miteinander.

Von hk
Ein Ende der Krise im deutschen Turnsport?
Erstklassige Leistungen bei erstklassiger Stimmung (foto: www.turnfestfotos.de )

Die gezeigten Bilder im Fernsehen konnten so manch eigene traumatische Erfahrungen mit dem Schulsport fast vergessen lassen. Zahlreiche Mitmachangebote, Workshops und Shows, teils tanzende und singende Menschen in Straßenbahnen und Bussen und anfeuernde Zuschauer auf den Tribünen trugen zu einer begeisternden Atmosphäre bei. Und die erstmalige Einbettung der Turn-Europameisterschaften in das Turnfest sorgte für sportliche Höhepunkte und unerwartet erfolgreiche Titelkämpfe. Sechs Medaillen holten die DTB-Turner, drei davon in Gold. Das hatte es bei einer EM für den Deutschen Turnerbund (DTB) seit 2010 nicht wieder gegeben. Also alles wieder in Butter im deutschen Turnsport?


Der kurz vor Weihnachten von mutigen Turnerinnen wie Tabea Alt und Michelle Timm an die Öffentlichkeit gebrachte Missbrauchsskandal an den Turnstützpunkten in Stuttgart und Mannheim ist bis heute nicht aufgearbeitet. Er steht für eine tiefe Krise, die nicht auf das deutsche Frauenturnen beschränkt ist. Denn der Zwang zu Höchstleistungen mit (fast) allen Mitteln ist symptomatisch für den heutigen Leistungssport im Kapitalismus, der auch den Breitensport immer stärker bestimmt.¹

 

Dazu kommen die ungenügenden finanziellen Mittel für den Breitensport. Sie haben zu einer wirklich beschämenden Situation geführt: fehlende Trainer, marode Sporthallen und Schwimmbäder, zu wenig Trainingszeiten … . Zum Beispiel ist fast jede fünfte Sporthalle in Sachsen-Anhalt dringend sanierungsbedürftig, und die Kapazitäten reichen vor allem im Winter für einen vernünftigen Trainingsbetrieb nicht aus. So beklagen viele Trainer Hallenzeiten von anderthalb Stunden, wovon eine halbe Stunde für Auf- und Abbau draufgeht. Und im Schulsport ist die Situation noch weitaus schlechter. Auf der anderen Seite drängt eine wachsende Zahl von Jugendlichen nach dem Einbruch während der Corona-Pandemie zu sportlicher Betätigung im Verein und widerlegt das in bürgerlichen Medien immer wieder verbreitete Märchen, dass die heutigen Teenager „einfach nur chillen“ wollen.

 

So gesehen unterstreicht das Turnfest in Leipzig einmal mehr die dringende Notwendigkeit der Überwindung der Zwänge und Grenzen, die den Sportbetrieb im Kapitalismus bestimmen.