Rüsselsheim
Politischer Erfolg im Kampf um Übernahme
Am Mittwoch, am letzten Arbeitstag dieser Woche, auf die letzte Minute, konnten unsere IG-Metall-Betriebsräte die Übernahme von 33 bis dahin befristet eingestellten Kolleginnen und Kollegen bekanntgeben. 39 Kollegen jedoch verlieren mit dem Auslaufen ihrer Verträge Ende Oktober ihre Arbeit. Bei 25 weiteren ist die Entscheidung bis zum Ende des Jahres vertagt.
Bis kurz vor Feierabend ließ sich die Werksleitung Zeit, die Auswahl bekannt zu geben. Freude und Erleichterung nach drei Jahren härtester Arbeit, Kämpfen und Hoffen. Die Arbeitskollegen gratulieren. Herbe Enttäuschung und Tränen, auch Mitgefühl und Empörung auf der anderen Seite. Diese Zustände, diese Rechtlosigkeit sind einfach unmenschlich.
Trotzdem sind die Übernahmen in erster Linie ein neuer wichtiger, auch politischer Erfolg gegen das Diktat der Opel-Mutter Stellantis, keine Übernahmen zuzulassen. Wir gratulieren dazu der Belegschaft, dem Betriebsrat und den IG-Metall-Vertrauensleuten. Gewerkschaftliche und selbständige Aktionen, wie die Sammlung von 4000 Unterschriften, eine kämpferische Mittagspause, eine gemeinsame Demonstration mit den Auszubildenden auf der Belegschaftsversammlung, Pausenversammlungen, Diskussionen – die Belegschaft gab keine Ruhe. Das drückte das Management in die Defensive.
Auf der Betriebsversammlung Ende September wichen Personalvorstand und Werksleiterin vor jeder Diskussion zurück. Zuletzt versuchten sie sich mit dem „Angebot“ von 17 Übernahmen aus der Affäre zu ziehen; am Schluss mussten sie die 33 zugestehen. Kampf um jeden Arbeitsplatz in einer Situation laufender Arbeitsplatzvernichtung, aktuell vor allem über hohe Abfindungen und Absenkung der Produktion auf nur noch 285 Astra und DS4 am Tag.
Den Ausschlag hat gegeben, dass auch die Vertrauensleute und die Stammbelegschaft die Forderungen immer mehr zu ihrer Sache gemacht haben. So bekräftigten Vertrauensleute aus der größten Halle, dem K170, die Forderungen nach Übernahme, nach einer Zusage für ein Folgemodell und nach Perspektive für die Leiharbeiter in einer Abstimmung. Sie wandten sich direkt an die Werksleitung und forderten Antworten und ein Gespräch. Panik brach aus; die Werksleitung sagte sogar eine Produktionsschicht ab, um Dampf aus dem Kessel zu nehmen!
Die Belegschaft setzte so zum fünften Mal seit Juli 2023 Übernahmen durch – als „einziges Stellantis-Werk“ überhaupt, heult der Personalchef. Mit Spaltung, Einschleimen, antikommunistischer Hetze – sie hatten alles versucht. Erst im Spätsommer legten sie mit zwei aus der Luft gegriffenen Abmahnungen gegen den gewählten Vertrauensmann Erik Kordes nach. Das alles hat ihnen nicht viel genutzt!
Wenn schon Forderungen und Pausenaktionen Panik bei der Werksleitung auslösen, was wäre mit härteren Kampfmaßnahmen erst drin gewesen? „Es muss denen endlich auch mal wehtun, am Profit, alles muss stehen!“ Aber diese Hürde zu selbständigen Kampfaktionen war dieses Mal noch zu hoch.
Vor allem verhinderten die Spitzen von Betriebsrat und IG Metall weitergehende Kampfmaßnahmen. Sie diffamierten die Vertrauensleute und hetzten gegen ihre Aktivsten, sie würden die „Kollegen missbrauchen“ und trügen Verantwortung für Entlassungen. Mit diesen antikommunistischen Unterstellungen, unsachlicher Hetze und Ausrastern lenkten sie davon ab, dass es die reformistische Zustimmung zu Arbeitsplatzabbau und massenhafter Leiharbeit war, die die Kollegen ihrer Klassenzusammenarbeit geopfert hat. Eine gefährliche Politik in Zeiten, in denen die gewerkschaftliche Einheit gegen Faschismus dringend nötig ist! Das muss gründlich ausdiskutiert werden! Jetzt gibt es erst einmal Grund, mit den neuen Kollegen zu feiern. Den Erfolg, seine Stärken und Schwächen gilt es auszuwerten. Außerdem müssen die Entlassenen zusammengeschlossen werden. Stellen wir uns auf die kommenden härteren Auseinandersetzungen ein!