Zechenbesetzung mit 350 Kilogramm Sprengstoff

An die 400 Bergarbeiter haben in einer Blitzaktion den selbständigen Kampf um den Erhalt ihrer Steinkohlenzeche Carbosulcis auf Sardinien in Italien organisiert. Etwa 100 Kumpel haben sich mit 350 Kilogramm Sprengstoff rund 400 Meter unter Tage verschanzt. Weitere Bergarbeiter blockieren die Straßenzufahrten zum Grubengebiet durch meterhohe Kohlehaufen. Der Protest der Arbeiter richtet sich gegen die Absichten des Unternehmens, die letzte Kohlegrube in Italien in der Region von Sulcis im Südwesten Sardiniens zu schließen.
Die Kumpel richten ihre Forderung zum Weiterbetrieb der Steinkohlezeche an die Unternehmensführung und die Regierung Monti. „Wir machen uns Sorgen, dass das Bergwerk geschlossen werden könnte“, sagte der 54-jährige Bergmann Sandro Mereu gegenüber der Presse. „Wir fürchten um unsere Jobs.“ Sie würden so lange unter Tage bleiben, bis sie eine Zusage der Regierung bekämen, dass die Zukunft des Bergwerks gesichert sei.
Das Unternehmen hatte geplant, in den stillgelegten Flözen ein Kohlendioxidendlager zu schaffen. Dafür sollte der Staat im Rahmen seines angekündigten Wachstumsplans eine Investitionsbeihilfe von 200 Millionen Euro bereitstellen. Die Arbeiter akzeptieren nicht, dass sie für die geplante Lagerstätte ihre Arbeitsplätze opfern sollen.
Das Gebiet von Sulcis im Südwesten Sardiniens ist das industrielle Herz der Insel. Weitere Unternehmen wollen dort Werke schließen und Arbeitsplätze vernichten. Vor einer Woche haben Aluminium-Arbeiter des dort ansässigen amerikanischen Konzerns Alcoa eine spektakuläre Protestaktion gemacht. Sie enterten die Tirrenia-Fähre im Hafen von Cagliari und machten eine Kundgebung an Bord. Die drohenden Werksschließungen würden die Region zum Armenhaus machen. Die Gewerkschaften und die Regierung hatten ein Treffen für den 3. September vereinbart. Doch schon im Vorfeld agierten die Konzerne mit provokativen  Ankündigungen von Werksschließungen bereits zum Monatsersten.
Die Vertreter der Gewerkschaften haben der Regierung und den Unternehmern der Region einen „heißen Herbst“ angekündigt. Die Bergleute von Carbosulcis haben ihre Zeche schon in den Jahren 1984, 1993 und 1995 in Protestaktionen besetzt. Nur deshalb existiert sie noch. 

Wolf-Dieter Rochlitz