Phosphat-Bergarbeiter als Vorkämpfer des „tunesischen Frühlings“ vom Januar 2011
Rüsselsheim (Korrespondenz): Bei unserer Tunesien-Rundreise Ende November 2012 galt unser besonderes Interesse der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung seit dem Volksaufstand, der am 14. Januar 2011 das Regime des Diktators Ben Ali stürzte. In vielen Gesprächen mit Ein-
heimischen und mit Hilfe der auf Arabisch und Französisch erscheinenden bürgerlichen Tageszeitung „Le Maghreb“ konnten wir viel über die Entwicklung und die Lage im Land erfahren.
Der Tourismus, vor allem aus Europa, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor des Landes und ist seit dem „tunesischen Frühling“ um 35 Prozent eingebrochen.
Vorkämpfer des Widerstands gegen die Ben-Ali-Diktatur waren Berichten zufolge die Phosphat-Bergarbeiter der Region um Gafsa und Métlaoui in Mitteltunesien. Die Phospatgesellschaft von Gafsa ist der größte Industriebetrieb Tunesiens und beschäftigt vor allem im Tagebau zirka 14.000 Menschen. Phosphat ist ein wichtiger Grundstoff der Düngemittelproduktion, mit 8 Millionen Tonnen ist Tunesien der viertgrößte Phosphat-Exporteur der Welt. Zur Entwicklung der sogenannten „tunesischen Revolution“ schreibt die Zeitung „Le Maghreb“ vom 30. November:
„Die sozialen Forderungen in unserem Land haben zweierlei Charakter. Die ersten sind traditionell. Sie betreffen ein Unternehmen oder einen Beschäftigungssektor. Sie sind eine Form des Klassenkampfs, sie stellen die Beschäftigten gegen die (privaten oder öffentlichen) Unternehmer. Diese traditionellen Forderungen … haben sich mit Forderungen einer anderen Art verbunden. Es ist eine Kommune, eine Stadt, ein Stadtviertel, eine Region. Diese Forderungen … drücken ein allgemeines Unwohlsein aus, aber auch den Willen, dass es besser wird. In der Tat ist es die Forderung, ebenso an dem materiellen Reichtum teilzuhaben wie an der politischen Macht. Die Tunesier haben der Gesamtheit dieser Forderungen einen gemeinsamen Namen gegeben: DIE WÜRDE.
… Diese Bestrebung überschnitt sich mit den demokratischen und nationalen Forderungen der Jugend und der Intellektuellen.