Berliner Flughafen - wer verantwortet das Chaos?

In der ersten Januarwoche gingen im Berliner Senat wieder mal die Tassen hoch. Zum vierten Mal seit 2011 wurde die Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens verschoben. Die Kosten sind inzwischen offiziell von ursprünglich angesetzten 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2004 auf über 4,3 Milliarden Euro gestiegen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, trat als Aufsichtsratsvorsitzender der Betreibergesellschaft für den Bau zurück. Sein Nachfolger wurde Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, bis dahin Wowereits Stellvertreter.

Platzeck bekam am 14. Januar von der Mehrheit des Landtags das Vertrauen ausgesprochen. Ganz anders sehen es viele Berliner. Da ist was aus dem Ruder gelaufen, so der Tenor der Massenmedien und Talkshow-Artisten, etwa bei Günter Jauch. Als hätte es nicht schon jahrelang Kritiken aus der Bevölkerung und von verantwortlichen Wissenschaftlern gegeben. Vordergründig wurde der Ausbau des Großflughafens am Standort Schönefeld mit einer Entlastung der Stadt Berlin und seinen innerstädtisch gelegenen Flughäfen Tegel und Tempelhof gerechtfertigt. In Wahrheit ist der Großflughafen ein in jeder Hinsicht unsinniges Megaprojekt.

Mit Lug und Trug
Bereits in den 1990er Jahren wurde Schönefeld gegen sechs andere mögliche Standorte unter dem damaligen Bürgermeister Eberhard Diepgen durchgeboxt. Das Gelände war das untauglichste und durch die Ausweitung der Bebauung um Berlin bald wiederum im  städtischen Bereich. Eine Privatisierung des Geländes lehnten die Deutsche Bank und der Hochtief-Konzern ab, weil sie das Risiko nicht übernehmen wollten. Das wurde voll auf die Staatskassen abgewälzt. Denn seitdem wird der Bau von der staatlichen Fluggesellschaft FBS durch die Aufnahme von Krediten mit Zins- und Zinseszins vollständig aus Steuergeldern finanziert. Eine sichere Quelle für Maximalprofite! Der Wissenschaftler Frank Welskop von der Grünen Liga bezeichnete schon vor Jahren das Bauprojekt als „künftigen Bankenskandal“. Er prognostizierte, dass sich die Gesamtkosten bis zur Eröffnung auf gut acht bis zehn Milliarden Euro häufen werden. Davon wird abgelenkt, wenn nur von den „Versagern“ die Rede ist. Das greift viel zu kurz:
Die MLPD hat auf ihrem Stuttgarter Parteitag den allgemeinen Hintergrund analysiert: „Immer rücksichtsloser unterwirft das internationale Finanzkapital Städtebau, Verkehrs-, Kommunal- und Landespolitik unter seine Profitinteressen. Gegen immer mehr unsinnige Megaprojekte entwickelten sich in vielen Städten Deutschlands (Berlin, Frankfurt, München, Stuttgart) Massenproteste, die zum größten Teil umweltpolitisch motiviert sind. (…) Solche Megaprojekte sind objektiv Ausdruck neuer Erscheinungen in der politischen Ökonomie des Imperialismus seit der Neuorganisation der internationalen Produktion als Maximalprofit versprechende Anlageobjekte für die internationalen Übermonopole vor dem Hintergrund der chronischen Überakkumulation von Kapital, aber auch als Projekte einer gigantischen Umverteilungspolitik.“
Ein Team von Forschern aus Deutschland, England und Schweden hat weltweit 258 Großprojekte unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: 90 Prozent der untersuchten Projekte wurden wesentlich teurer als ursprünglich geplant. Kostensteigerungen von mehr als 50 Prozent waren bei den öffentlichen Großprojekten eher die Regel als die Ausnahme.