Faschistischer Terror – von staatlichen Stellen gefördert?

Vor knapp eineinhalb Jahren wurde die faschistische Terrorbande aufgedeckt, die sich als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bezeichnete. Innerhalb von Tagen kam ans Tageslicht, was Polizei und Geheimdienste angeblich nicht aufklären konnten – dass diese faschistische Bande über zehn Jahre lang raubend und mordend durch die Bundesrepublik gezogen war. Auf ihr Konto gehen mindestens zehn Morde und eine Reihe weiterer Anschläge. In der offiziellen Berichterstattung ist vor allem von Pannen in der Fahndung die Rede. Tatsächlich offenbaren sich strukturelle Verbindungen zu staatlichen Stellen.

Drei Einzeltäter?
Inzwischen ist bekannt, dass die faschistische Organisation „Thüringer Heimatschutz“, aus der die drei Haupttäter Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe stammten, von einem V-Mann des Thüringer „Verfassungsschutzes“, Tino Brandt, aufgebaut wurde. Er erhielt dafür aus den Mitteln des „Verfassungsschutzes“ 200.000 DM. 35 Ermittlungsverfahren, zum Teil wegen schwerwiegender Straftaten, liegen gegen Tino Brandt vor. Trotzdem wurde er niemals verurteilt.

Im Rahmen der sogenannten „Operation Rennsteig“ haben Ende der 1990er Jahre gleich drei Geheimdienste, das Bundesamt für „Verfassungsschutz“, der Thüringer „Verfassungsschutz“ und der Militärische Abschirmdienst (MAD) bis zu zehn V-Leute in der faschistischen Szene in Thüringen gesteuert. Hierzu wurden 2011 die Akten geschreddert. Auch das LKA Berlin und die Thüringer Polizei hatten Faschisten auf ihren V-Mann-Listen.

Im Laufe ihres Untergrundlebens erhielten die Terroristen von staatlichen Stellen über V-Mann-Umwege Ausweise und Waffen. Immer wieder wurde die Fahndung gezielt sabotiert.

Von einer wirklichen Aufklärung kann trotz zahlreicher neuer Informationen keine Rede sein.

Inzwischen liegt die fast 500 Seiten umfassende Anklageschrift des Generalbundesanwalts vor. Sie richtet sich gegen Beate Zschäpe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und gegen vier weitere Personen wegen Unterstützung. Gegen neun weitere Personen wird noch wegen deren Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Trotzdem heißt es denkbar harmlos in der Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft vom 8. 11. 12: „Der ,NSU‘ (war) eine aus drei gleichberechtigten Mitgliedern bestehende Gruppierung. Deren wahre Identität und terroristische Zielsetzung war nur einem eng begrenzten Kreis von wenigen Unterstützern und Gehilfen bekannt. (…) Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen des ,NSU‘ oder eine organisatorische Verflechtung mit anderen Gruppierungen haben die Ermittlungen nicht ergeben.“ Kein Wort über die Verbindungen zu den V-Leuten des „Verfassungsschutzes“ und anderer Dienste. Und kein Wort, dass über ein Dutzend Faschisten in die Logistik des Terrors einbezogen waren.

Die schützende Hand staatlicher Stellen
Ex-Innenminister Otto Schilly (SPD) bedauerte aktuell vor dem Untersuchungsausschuss, die Ermittlungen 2004 nach dem Bombenanschlag in Köln in Richtung Kriminalität gelenkt zu haben. Wörtlich hat er am Tag nach dem Anschlag erklärt, dass er „nicht von einem terroristischen Hintergrund ausgehe.“