Zypern – „Vorbild“ für verschärfte EU-Krisendiktate?

Als „Rettung“ Zyperns wird das neue Diktat von EU, EZB und IWF verkauft. Das Gegenteil ist der Fall.

 Mit dem Beschluss, bis zu
60 Prozent der Einlagen ab 100.000 Euro einzubehalten bzw. in (wertlose) Aktien zu tauschen, findet erstmalig in der Geschichte der EU eine solche Enteignung statt. Sie richtet sich gegen private Sparanlagen inklusive angelegte Vermögen von Klein- und Mittelbetrieben, aber auch gegen Pensionsrücklagen. Mit einem rigorosen „Sparprogramm“ wird darüber hinaus die Masse der Bevölkerung einschneidend getroffen. Ein Zugeständnis an die heftigen Massenproteste war, dass kleinere Spareinlagen entgegen dem ursprünglichen Beschluss ausgenommen wurden.
Als Euro-Gruppenchef Jeroen Dijesselbloem sich Ende März aus dem Fenster lehnte und dieses Diktat als Vorbild („Blaupause“) für künftige Fälle hinstellte, schwemmte sofort eine Flut von Dementis über ganz Europa. Denn in allen europäischen Ländern wächst die Sorge der Massen um ihre Ersparnisse. Das Vertrauen in das kapitalistische Finanzsystem rutschte ein weiteres Stockwerk in den Keller.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble reagierten sofort:

Lüge Nr. 1: Die Zypern-Rettung nimmt die „Schuldigen“ in die Pflicht.
Tatsächlich wurden bereits vor dem Beschluss 20 bis 40 Milliarden Euro durch das internationale Finanzkapital abgezogen. Seit dem EU-Beitritt 2004 hat sich Zypern zu einem Zins- und Steuerparadies für das internationale Finanzkapital entwickelt – wie es auch von den Verantwortlichen der EU gewollt war. Nach diesem gescheiterten „Geschäftsmodell“ Zypern funktionieren auch Luxemburg, Lichtenstein, Mauritius, Malta und andere.
In Zypern liegt der Körperschaftssteuersatz bei 10 Prozent. Das nutzten europäische Unternehmen und Banken, aber auch das russische Finanzkapital, gründeten Briefkastenfirmen und exportierten Kapital. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte vielfach Kapital zu niedrigen Zinsen zur Verfügung. Das wiederum floss nach Zypern und in die anderen Finanzplätze, um mit den dort höheren Zinsen Profite zu machen. Schließlich war die Bilanzsumme der zyprischen Banken um ein Vielfaches höher als die Wirtschaftsleistung des kleinen Staates mit seinen knapp 800.000 Einwohnern.
Die Spekulation ist zu einer Gesetzmäßigkeit des imperialistischen Wirtschaftssystems geworden, weil das akkumulierte Kapital immer weniger maximalprofitbringend eingesetzt werden kann. Die zypriotischen Banken haben ihr gewaltig angewachsenes Kapital zu einem großen Teil in ausländischen – insbesondere griechischen – Staatsanleihen angelegt. Mit dem Schuldenschnitt in Griechenland verloren diese Staatsanleihen ihren Wert. Das internationale Finanzkapital ist Nutznießer der ganzen Aktion. Zypern ist im März 2013 mit 51 Milliarden Euro bei ausländischen Banken verschuldet. Der 10-Milliarden-Euro-Kredit, den Zypern von der EU „erhält“, fließt durch Kredit- und Zinstilgung direkt in die Taschen des internationalen Finanzkapitals. Hinzu kommen noch etwa 7 Milliarden Euro aus Zypern aus den Zwangsabgaben! Die zweitgrößte Bank Laiki wird zerschlagen. Die Guthaben übernimmt die „Bank of Cyprus“, die faulen Kredite werden in eine eigene Gesellschaft als „Bad Bank“ ausgelagert.

Lüge Nr. 2: Zypern ist ein außergewöhnlicher und einzigartiger Fall.