Weltwirtschafts- und Finanzkrise außer Kontrolle?

Es ist Vorwahlkampf. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) verkündet am 25. April über Twitter seine frohe Botschaft: „Können optimistisch in die Zukunft schauen. Konjunktur zieht an. Arbeitslosigkeit sinkt.“ Und in der Pressekonferenz dann ganz ernsthaft: „Deutschland geht es gut, den Menschen geht es gut.“ Die deutsche Wirtschaft werde eine „Erfolgsgeschichte und ein Stabilitätsfaktor in Europa bleiben“ und nach dem „guten Jahr“ 2013 werde das Jahr 2014 noch besser. Es ist gefühlt der zwanzigste Versuch der Regierung, die Weltwirtschafts- und Finanzkrise für beendet zu erklären.

Der Sachverständigenrat, der die Regierung regelmäßig mit Zahlen und Fakten über die Wirtschaftsentwicklung versorgt, ist nicht so frohgemut. Er korrigiert seine Prognosen alle paar Monate nach unten. Aktuell rechnen diese „Wirtschaftsweisen“ jetzt nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland von 0,3 Prozent für 2013. Und das ist noch beschönigend.

Seit Juli 2012 geht die Industrieproduktion in Deutschland Monat für Monat zurück. Dieser Trend setzt sich in den ersten Monaten diesen Jahres unvermindert fort. Insgesamt ist 2012 die Industrieproduktion – als wichtiger Indikator der Wirtschaftsentwicklung – in Deutschland nach Angaben der OECD um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Im Januar diesen Jahres ging sie um 2,6, im Februar um 1,8 Prozent gegenüber den Vorjahresmonaten zurück. Die Auftragseingänge der Industrie sind 2012 um 3,1 Prozent gesunken, aus dem Inland um 5,8 Prozent, aus dem Ausland um 0,7 Prozent.

Für die exportabhängige deutsche Wirtschaft ist der europäische Markt  extrem wichtig. Europa aber steht im Zentrum der Abwärtsspirale der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Hier ging die Industrieproduktion 2012 um 2,7 Prozent zurück. Das ist zu Beginn des Jahres 2013 ein Rückfall unter den Stand des Jahres 2004.

Damit liegt die EU im fünften Jahr der  Weltwirtschafts- und Finanzkrise um 8,8 Prozent unter dem früheren Höchststand ihrer Industrieproduktion. Fünf EU-Länder liegen sogar noch unter dem Stand des Jahres 2009, das allgemein den bisher tiefsten Einbruch markierte. Neben den vier Mittelmeerstaaten Griechenland, Italien, Spanien und Portugal gehört auch Großbritannien dazu. Andere Staaten liegen nur knapp über dem Tiefstand des Jahres 2009 wie Frankreich und Luxemburg.