Gesundheit bald unbezahlbar?
Ein Gespräch mit Dr. Willi Mast aus Gelsenkirchen
Die Spitzen des europäischen Finanzkapitals bestehen auf einem Umbau des Gesundheitssystems. Eines ihrer Organe ist der European Round Table (ERT). Er war bereits Ausgangspunkt einer Initiative zur „Reform der Rentenversicherung“. Seitdem wird in unterschiedlicher Form in allen europäischen Ländern das Rentenniveau abgebaut. Seit einigen Jahren rückt der Umbau des Gesundheitswesens in den Fokus. Der ERT „warnt die EU-Regierungschefs, dass eine grundlegende Reform der Sozial- und Gesundheitssysteme dringend nötig sei“. Patienten sollten künftig „für ihre eigenen Gesundheitskosten haften müssen, anstatt den Regierungen die Rechnung zu überlassen“. Ohne allzu großes Aufsehen setzt Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) diese Vorgaben um. Die „Rote Fahne“ sprach mit Dr. Willi Mast. Der Allgemeinarzt aus Gelsenkirchen kandidiert für die MLPD zum Bundestag.
Verschiedene Minister der Merkel/Rössler-Regierung stehen derzeit massiv in der Kritik. Gesundheitsminister Daniel Bahr gehört nicht dazu. Macht er demnach eine gute Arbeit?
Die Abschaffung der Praxisgebühr war ein geschickter Schachzug des Gesundheitsministers, denn diese war unpopulär, sowohl bei Kassenpatienten wie auch bei Ärzten. Die Krankenkassen hatten Überschüsse von 22 Milliarden Euro und er nutzte die Gelegenheit. Trotzdem setzt er die Vorgaben des Finanzkapitals konsequent um, um das gesamte Gesundheitswesen und den Pflegebereich zu einem hochprofitablen Wachstumsmarkt auszubauen. Privatisieren, kommerzialisieren, monopolisieren, abkassieren.
Nach dem Vorbild der Rentenversicherung wird jetzt auch für die Pflege eine private Zusatzversorgung eingeführt – weil die Leistungen der „normalen“ Pflegeversicherung hinten und vorne nicht mehr ausreichen. Eine angemessene Pflege erhält nur noch, wer sich privat zusätzlich versichert. Das Ganze wird mit dem sogenannten „Pflege-Bahr“ von fünf Euro im Monat aus Steuergeldern gesponsert. Aber woher soll der Rest kommen? Die Unternehmen bleiben bei der Finanzierung der Pflegekosten völlig außen vor.