Gibt es ein verfassungsmäßiges Menschenrecht auf Erholung?
„Das Recht auf Erholung ist in der Sowjetunion ebenso heilig wie das Recht auf Arbeit, es ist in der Verfassung verankert und dort als eines der Grundrechte des Menschen proklamiert.“ Das berichtet der französische Journalist Georges Soria, der bis 1948 als westlicher Zeitzeuge mehrmals die damals sozialistische Sowjetunion bereiste. Seine Erfahrungen fasste er in einem 1951 erschienen Buch mit dem Titel „Wie lebt man eigentlich in der Sowjetunion“ zusammen.
Die Erholung, die Regeneration der Gesundheit war in der sozialistischen Sowjetunion – wie die Erziehung, Verpflegung und Ausbildung der Jugend übrigens auch – eine gesellschaftliche Aufgabe und Verpflichtung. Der Kapitalismus war und ist hingegen vor allem an der Ausbeutung der Lohnarbeit interessiert. Alles, was zur Regeneration der Arbeitskraft gehört, wird – wie vieles mehr – auf die Familie und den Einzelnen abgeschoben. Viele ziehen zum Beispiel ihre morgendlichen Runden durch Parks oder schließen sich bei Lauftreffs zusammen und nehmen so ihre persönliche Verantwortung für die eigene Gesundheit durchaus wahr.
Reiseprospekte, Angebote von Fitnesscentern – eine Flut von Werbemitteln und -sendungen aller Art erweckt den Eindruck, als stehen einem alle Türen zur Erholung und Regeneration sperrangelweit offen. Der moderne Kapitalismus hat in der Tat eine ganze Gesundheits- und Wellnessindustrie aufgebaut. Das ist auch eine materielle Voraussetzung für umfassende Erholung und Gesundheitspflege. Aber unter der Diktatur der Monopole geht es nur darum, aus diesen Industriezweigen Maximalprofite zu schöpfen. Wer sich erholen oder regenerieren will, muss dafür kräftig löhnen. Um das Geschäft anzukurbeln verbreitet die Branche Körperkult, Individualismus und Ich-Bezogenheit. Motto: „Hauptsache man fühlt sich individuell gut“.
In der sozialistischen Sowjetunion wurden hingegen Zug um Zug Einrichtungen und Möglichkeiten geschaffen, das Recht auf Erholung zu verwirklichen. Auch darüber berichtet Georges Soria anschaulich: „Es wird auch verwirklicht dank des riesigen Netzes von Erholungsheimen, Klubs, Seebädern und Sommerfrischen, in denen sich Arbeiter, Angestellte, Techniker, Schriftsteller, Wissenschaftler und Künstler von den Anstrengungen des Jahres erholen. (…) In den Jahren 1930 bis 1940 bauten die Sowjetgewerkschaften zahlreiche Erholungsheime … Auf diese Weise wurden in wenigen Jahren ganze Städte in einer Landschaft von majestätischer Schönheit erbaut.