Rumänien und Bulgarien – Europas Armenhäuser

Teil II: Massendemonstrationen im ärmsten Land der EU

Bulgarien ist das ärmste Land der EU. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als 100 Euro im Monat pro Person. Dabei war Bulgarien einst hoch industrialisiert, ist reich an Bodenschätzen und hat eine erfahrene, kämpferische Arbeiterbewegung. Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise erfasste Bulgarien 2009 mit voller Wucht. Das Bruttoinlandsprodukt fiel um 5 Prozent. Nach einer Belebung 2011 stagniert die Wirtschaft mit zirka 0,5 bis 1 Prozent Wachstum jährlich. Im September 2010 kam es zu Massendemonstrationen gegen die Umverteilungspläne der Regierung, die zur Senkung des Haushaltsdefizits 1,6 Milliarden Lew (0,8 Milliarden Euro) aus den Massen herauspressen wollte. Die Proteste setzen sich z. T. bis heute fort. Seit Mitte 2013 gibt es zum Teil täglich Demonstrationen mit Hunderten, manchmal Tausenden Teilnehmern.

Deutschland ist Bulgariens wichtigster Handelspartner, noch vor Russland und Italien. Bulgariens Wirtschaft wird von internationalen Monopolen beherrscht, unter anderem Luk­oil (Öl/Gas – Russland), OMV (Öl/Gas – Österreich); Aurubis (Kupfer – Deutschland) oder Kremikovtzi (Mittal Stahl – Indien). Mit Durchschnittseinkommen von 350 Euro liegt Bulgarien auf dem letzten Platz der EU-Skala. 

13,2 Prozent waren im Ok­tober 2013 offiziell arbeitslos gemeldet, bei Jugendlichen waren es 20,8 Prozent. Laut „spiegel.de“ kosten Lebensmittel in Bulgarien annähernd so viel wie in Deutschland, auch Kraftstoff, Strom und Gas. Die miserable Lebenslage der Massen fördert die Krise der bürgerlichen Familienordnung. Die Geburtenrate sank laut „Bulgarisches Wirtschaftsblatt“ auf den Stand der 1940er Jahre. 7,36 Millionen Bulgaren leben in ihrem Land, 1985 waren es noch knapp 9 Millionen.