Die Berliner Koalitionskrise und der Mythos von der „Gewaltenteilung“
Am 14. Februar trat der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Hans-Peter Friedrich (CSU), nach nur 59 Tagen im Amt zurück. Seine Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, ließ ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. „Wenn Zweifel entstehen, sind wir Diener des Rechtsstaats“, so Angela Merkel am 18. Februar. Selten wurde die Wirklichkeit dreister auf den Kopf gestellt.
Hans-Peter Friedrich war in der letzten Merkel-Regierung Innenminister. Als solcher erhielt er interne Erkenntnisse über Ermittlungen, aus denen er gegenüber dem SPD-Vorsitzenden und heutigen Vize-Kanzler Sigmar Gabriel im Oktober 2013 Details ausplauderte. Die Ermittler waren gegen den SPD-Politiker und designierten Justizminister Sebastian Edathy tätig. Dieser war im Besitz von mindestens 31 Videos und Fotosets von nackten Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Der Verdacht des Besitzes illegaler kinderpornografischer Materialen steht im Raum. Der leitende Oberstaatsanwalt in Hannover ist „fassungslos“, dass Informationen aus Ermittlungsakten an die Öffentlichkeit und an Edathy gelangten. Außer Sigmar Gabriel sind unter anderem Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Fraktionschef Thomas Oppermann (beide SPD) direkt in die Affäre verstrickt. Auch sie wussten von den Ermittlungen und stehen im Verdacht, Informationen weitergegeben zu haben. Auf jeden Fall wurde Edathy gewarnt und konnte eventuelles Beweismaterial vernichten.
Die vielgepriesene „Gewaltenteilung“ erweist sich in der Realität der bürgerlichen Politik als Mythos. Die ermittelnden Behörden informieren unter der Hand die Regierung und die angeblich unabhängige Justiz schaut in die Röhre. Statt „Gewaltenteilung“ bleibt nur miese Kumpanei.
Friedrich hat Amtsgeheimnisse verraten und sein Amt missbraucht. Hinzu kommt der Verdacht der Strafvereitelung nach Paragraf 258 des Strafgesetzbuches. Wer „absichtlich oder wissentlich“ Ermittlungen behindert, die zu einer gesetzlichen Strafe führen können, begeht Strafvereitelung; „im Amt“ wiegt diese besonders schwer. Gabriel, Steinmeier und Oppermann versuchen, sich herauszuwinden – Merkel opfert den CSU-Mann Friedrich.