„Denen geht es um ein Streikverbot“

„Rote Fahne“-Interview mit Dr. Detlef Hensche

Die Große Koalition bereitet derzeit ein Gesetz vor, mit dem das gewerkschaftliche Streikrecht eingeschränkt werden soll. Danach soll in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der „repräsentativen“ Gewerkschaft gelten, die dort die meisten Mitglieder hat. Der „nicht repräsentativen“ Gewerkschaft soll das Recht zum Abschluss von Tarifverträgen entzogen werden. Über das geplante Gesetz und über Angriffe auf das Streikrecht auf EU-Ebene sprach die „Rote Fahne“ mit dem ehemaligen Vorsitzenden der IG Medien, Detlef Hensche.

Du hast schon zu Jahresbeginn darauf hingewiesen, dass dieses Gesetzesvorhaben mit Tarifeinheit nur wenig, mit einem Streikverbot und einer massiven Einschränkung der Tarifautonomie dagegen sehr viel zu tun hat?

Sicher, auch die DGB-Gewerk­schaften waren nicht glücklich über die Änderung der Recht­sprechung, mit der die Tarifeinheit, also die Geltung nur eines Tarifvertrages im Betrieb, aufgegeben wurde. Doch die Initiative zur gesetzlichen Festschreibung der Tarifeinheit ging von den Arbeitgebern aus; denen ging und geht es jedoch nicht um die Frage, ob einer oder mehrere konkurrierende Tarifverträge anzuwenden sind, sondern in erster Linie um ein Streikverbot zu Lasten einiger Berufsverbände, die sich in den letzten Jahren vornehmlich im Verkehrswesen als arbeitskampffähig erwiesen haben.

Was hat den DGB denn bewogen, ein Streikverbot zu unterstützen?

Schwer zu sagen. Ich vermute die Absicht, sich durch ein gesetzliches Dekret die lästige, oft auch unsolidarische Konkurrenz durch einige Spartengewerkschaften vom Hals zu halten.