Enthüllen oder verschleiern?

Buchbesprechung: Stefan Aust/Dirk Laabs:  „Heimatschutz – der Staat und die Mordserie des NSU“

Ob auf „3sat“, in der „Frankfurter Allgemeinen“ oder von Professor Hajo Funke, der auf seiner Internetseite faschistische V-Leute beim Namen nennt: Das neue Buch des ehemaligen „Spiegel“-Herausgebers und Autors Stefan Aust  sowie des Filmemachers Dirk Laabs hat in den bürgerlichen Medien viel Lob geerntet. Hier würden die Hintergründe der NSU-Morde und die Verbindungen zwischen Staatsorganen und neonazistischen V-Leuten deutlich, hieß es fast einhellig. Zum Teil akribisch listen die Autoren auf über 860 Seiten Details auf. Was dabei aber weitgehend ausgeblendet bleibt, ist die strukturelle Verbindung von Teilen des Staatsapparats und der Dienste mit dem faschistischen Terror. Zufall?

Aust/Laabs hören in ihrem Buch immer da auf, wo es eigentlich interessant wird:
• Die Autoren zeichnen die Entstehungsgeschichte des „Verfassungsschutzes“ mit Präsidenten mit Vergangenheit in NS-Geheimdiensten bis in die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts nach. Dass heute noch faschistische Kräfte an führender Stelle des „Verfassungsschutzes“ wirken könnten, schließen Aust und Laabs allerdings in einem von Vornherein aus (1). Die Entstehung des NSU wird bis zum faschistischen „Thüringer Heimatschutz“ zurückverfolgt.

• Wer sich mit den Vorgängen, über die Stefan Aust und Dirk Laabs berichten, selbst ge­nauer befasst, kommt ins Stutzen. So, wenn die umfangreichen Waffendepots, die nach dem faschistischen Attentat auf das Münchner Oktoberfest 1980 in vielen europäischen Ländern gefunden wurden, einem ominösen „Technischen Dienst“ zugeordnet werden. Warum nennen die Autoren die NATO-Geheimarmee „Gladio“, zu der die faschistische „Wehrsportgruppe Hofmann“ Kontakte hatte, nicht beim Namen? (2)

Zudem wiederholen die Autoren auch die zweifelhafte Behauptung, der Attentäter von München sei ein Einzeltäter gewesen. Trotz aller heute vorliegenden Informationen bestreiten Aust und Laabs in ihrem Interview im Zusammenhang mit dem Münchner Oktoberfest-Attentat die Möglich­keit eines Staatsterrorismus, der auch von Geheimarmeen wie „Gladio“ ausgehen kann. An Naivität mag man hier schon nicht mehr glauben.

Quellen:

(1) Interview mit „Telepolis“ vom 21. und 22.6.2014
(2) Vgl. dazu Daniele Ganser: „Nato-Geheimarmeen in Europa“, Zürich 2008 und A. Röpke/A. Speit (Hrsg.): „Blut und Ehre – Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland“, Berlin 2013)