Heiße Diskussion um „kalte Steuerprogression“
Pünktlich wie Nessie, das Ungeheuer von Loch Ness, taucht im Sommerloch die „kalte Steuerprogression“ als heißes Thema in den Medien auf. Vor allem Politiker der in Berlin regierenden Parteien SPD, CDU und CSU tun sich für die Abschaffung oder zumindest Milderung der kalten Steuerprogression hervor, um die Werktätigen steuerlich zu entlasten. Doch keine der bürgerlichen Parteien, geschweige denn Finanzminister Wolfgang Schäuble, denken ernsthaft an eine längst fällige steuerliche Entlastung der Werktätigen, im Gegenteil.
Nach Vorhersage des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ vom Mai werden sich die zusätzlichen Steuereinnahmen durch die automatische Erhöhung der Besteuerung von Löhnen und Einkommen (Steuerprogression) in diesem Jahr auf 9,2 Milliarden Euro belaufen. 2015 sogar auf zusätzliche 12,2 Milliarden Euro, weil allein mit Einführung des Mindestlohns zusätzliche 2,2 bis 3 Milliarden Euro von den „Mindestverdienern“ abkassiert werden. Die teilen sich dann Bund (42,5 Prozent), Länder (42,5 Prozent) und Kommunen (15 Prozent).
Auch die MLPD fordert eine progressive Besteuerung, allerdings für Großbetriebe und für Großverdiener ab 60.000 Jahreseinkommen – bei gleichzeitiger Streichung der Lohnsteuer für Geringverdiener. Nach dem aktuellen Steuerrecht trifft dagegen die Progression vor allem Gering- und Durchschnittsverdiener. Für einen Jahresverdienst von 20.000 Euro stieg die Steuer mit der Steuerprogression in den letzten vier Jahren um 5,5 Prozentpunkte.
Dagegen bei einem Jahreseinkommen von 200.000 Euro lediglich um 0,5 Prozentpunkte und ab einem Jahreseinkommen über 250.000 Euro fällt die progressive Besteuerung ganz weg.
Wenn mit der Steuerprogression schon bis zur Hälfte der erkämpften Lohnerhöhung vom Staat einkassiert wird, reicht die ausgezahlte Lohnerhöhung immer öfter nicht einmal, um die Inflationsrate auszugleichen. Die erkämpfte Lohnerhöhung wird zum Reallohnabbau.