Eine ungewöhnliche Betriebsversammlung bei Daimler
Mettingen (Korrespondenz): Die Sommer-Betriebsversammlung bei Daimler im Esslinger Stadtteil Mettingen war nicht wie jede andere …
Üblich waren noch die Reden vom Betriebsratsvorsitzenden und Geschäftsleitung. Wie immer zogen sie sich ermüdende drei Stunden hin. Eine typische Methode, um die Kollegen einzuschläfern und davon abzuhalten, sie zu ihrer Versammlung zu machen. Der Grundtenor war: „Alles ist gut – wir haben tolle neue Autos und Rekordabsätze.“ Zwischen den Zeilen wurde aber auch das Problem von Mercedes deutlich. Für die Führerschaft auf dem Weltmarkt streben sie eine Umsatzrendite von zehn Prozent an.
Die zeigt an, wie viel Gewinn aus dem Umsatz gezogen wird. Die Marxisten-Leninisten sprechen exakter und schonungslos von der Profitrate. Sie zeigt an, wie viel Profit aus den Arbeitern gezogen wird im Verhältnis zum eingesetzten konstanten und variablen Kapital. Mercedes krebst aber seit Jahren zwischen fünf und acht Prozent herum, ist den Kapitalisten also zu wenig profitabel.
Mercedes verkauft zwar tatsächlich wie nie. Aber sie geben große Rabatte, um die klammen Käufer anzulocken, und es werden vor allem mehr Kleinwagen wie die A-Klasse verkauft, die weniger Gewinn bringen.
In der Aussprache kommt dann traditionell die Kehrseite der „schönen Daimler-Welt“ zu Tage und diesmal zeigten Kollegen neuen Mut! Emotionaler Höhepunkt war, dass erstmalig ein Leiharbeiter das Rednerpult betrat. Er stand eine Woche vor seiner Entlassung bei Daimler und hielt merkbar die Rede seines Lebens. Er kämpfte um seine Existenz, um den Arbeitsplatz, schilderte seine Lebenssituation im Wechselbad der Gefühle, in der finanziellen Not. Er sprach stellvertretend für 30 weitere Leiharbeiter aus der Zylinderkopffertigung.