Wenn tödliche Viren auf menschenfeindliches Sicherheitsdenken treffen

Interview mit Dr. Andreas Wulf, medizinischer Projektkoordinator von „medico international“

Können Sie unseren Lesern kurz die Natur des Ebola-Virus erklären?

Es ist ein Virus, das zu einer Gruppe von Viren gehört, die sehr gefährlich sind und zu den sogenannten Hämorrhagischen Fiebern führen. Das sind schwere fiebrige Infektionskrankheiten, die zu schweren Blutungen der inneren Organe und damit auch zum Tod der Menschen führen. Es ist ein Virus, das von Tieren, die im Urwald leben, auf den Menschen übertragen wird.

Deshalb gibt es immer wieder solche Ausbrüche in zumeist entlegenen ländlichen Gebieten, wenn die Menschen in Kontakt mit solchen Tieren kommen. Es hatte in der Vergangenheit vor allem kleine Ausbrüche in zentralafrikanischen Gebieten gegeben, die sich nicht weiter ausgebreitet haben, weil die Bevölkerung insgesamt und die Mobilität der Menschen dort nicht so hoch war.

Das ist jetzt in Westafrika anders, weil es eine größere Mobilität auch über Grenzen hinweg gibt und deshalb die Ausbreitung stärker ist. Ein zweiter Faktor ist, dass es verschiedene Arten von Virenstämmen gibt, die unterschiedlich gefährlich sind, was die Todesrate betrifft. Das führt einerseits dazu, dass aktuell mehr Menschen überleben, unglücklicherweise dann auch wieder dazu, dass sich das Virus jetzt weiter verbreiten konnte.

Woher kommt Ihrer Meinung nach die derzeit rasante Ausbreitung?

Zu diesen eben erwähnten epidemiologischen Gründen kommen weitere soziale und gesellschaftliche Aspekte. Besonders wichtig ist, dass die klassischen Eindämmungsmechanismen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge, die Hygienemaßnahmen unter den Mangelerscheinungen des dortigen Gesundheitswesens nicht entsprechend funktioniert haben, was natürlich wiederum vor allem an den fehlenden Res­sour­cen des dortigen Gesundheitssystems liegt.