„Wenig Interesse der Geldgeber an Ebola-Forschung“
Interview mit Katja Ment, Regionalmanagerin von „German Doctors e.V.“ für Kenia und Sierra Leone
Das Ebola-Virus ist ja schon seit 1976 bekannt. Gegenüber der Vergangenheit ist derzeit die rasante Ausbreitung auffallend. Worauf ist dies Ihrer Meinung nach zurückzuführen?
Ein wichtiger Aspekt ist, dass sich die Mobilität der Menschen im Vergleich zu früher deutlich erhöht hat und somit der Virus sich schneller verbreiten kann. Ein zweiter wichtiger Punkt: Die Regierungen haben nach dem Ausbruch viel zu zögerlich reagiert. So ist wertvolle Zeit verstrichen, die man gut für Prävention und Aufklärung hätte nutzen können. Hinzu kommt noch, dass sich das Virus als besonders aggressiv erweist. Diese drei Umstände führen nach meiner Auffassung zu der bislang rasantesten Ausbreitung des Ebola-Virus.
Welche Rolle spielen die sozialen Verhältnisse bei der Ausbreitung des Virus in den betroffenen afrikanischen Ländern?
In Deutschland ist die Ausbreitung des Ebola-Virus aufgrund des gut funktionierenden Gesundheitssystems eher unwahrscheinlich. Es gibt hierzulande genügend Möglichkeiten der Isolierung wie auch eine große Anzahl bestens ausgebildeter Fachkräfte. Im Vergleich dazu ist das Gesundheitssystem von Sierra Leone, wo „German Doctors e.V.“ ein ländliches Privatkrankenhaus unterstützt, sehr schlecht entwickelt. Nach Angaben des „UN-Index für menschliche Entwicklung“ (HDI) ist Sierra Leone auf Platz 183 von 187 und damit eines der am wenigsten entwickelten Länder weltweit. Staatliche Krankenhäuser gibt es nur in größeren Städten; die ländliche Bevölkerung hat kaum Zugang zu medizinischer Versorgung. Auch mangelt es an qualifiziertem Gesundheitspersonal. Die Ursache liegt vor allem in den weitreichenden Folgen des Bürgerkriegs (1991–2002).
Nach dessen Ende sind sehr viele Fachkräfte – auch medizinisches Personal – ins Ausland abgewandert und nicht zurückgekehrt. So fehlen heute die medizinischen Kapazitäten vor allem in ländlichen Regionen. Zudem sind die Menschen in Sierra Leone gegenüber dem Staat ausgesprochen misstrauisch. Mehr noch: Die Einheimischen geben dem Staat die Schuld an der Ausbreitung des Ebola-Virus.