Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Migration

Von nationalistischen und faschistischen Kräften werden immer wieder Ängste vor „Überfremdung“ durch Migration und Flüchtlingsströme gefördert. Das wird unter anderem mit rassistischen Theorien unterfüttert, die die Entstehung unterschiedlicher regionaler bzw. nationaler Kulturen mit der Überlegenheit oder Minderwertigkeit von Völkern verknüpfen.

Tatsächlich war die Entstehung der menschlichen Kultur und ihrer regionalen Besonderheiten von Anfang an aufs Engste mit Wanderungsbewegungen verknüpft. Wie überhaupt die Geschichte der Menschheit ohne ständige Migration undenkbar ist.

Waren die ersten Menschen ohnehin Nomaden, veränderte sich die Migration mit der Sesshaftwerdung im Neolithikum (Jungsteinzeit). Der Übergang von der bis dahin vorherrschenden Produktionsweise als Jäger und Sammler zur Produktionsweise Ackerbau und Viehzucht war eng verbunden mit der Aufgabe der nomadischen Lebensweise. Ab dem frühen 10. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung begann der Bau fester Siedlungsplätze.

Der marxistisch geprägte Archäologe Vere Gordon Childe prägte dafür 1936 den Begriff „Neolithische Revolution“. Sie stand in Wechselwirkung zum Beginn der Warmzeit vor rund 11.500 Jahren. War bis dahin das Nahrungsangebot ganzjährig knapp, so gab es jetzt in der feuchten Winter- und Frühjahrszeit ein reicheres Nahrungsangebot (Wildgetreide, Pistazien etc.). Das Anlegen von Vorrat für die Trockenzeit im Sommer machte die Sesshaftwerdung der Menschen zu einer unmittelbaren Notwendigkeit. Dieser Übergang vollzog sich nicht nur in Europa und im vorderen Teil Asiens, sondern auch anderen Weltregionen wie Südindien, China, Süd- und Mittelamerika.