Rote Fahne 16/2019
Kommunist gewinnt Bürgermeisterwahl unter faschistischer Herrschaft
Bei den Kommunalwahlen in der Türkei Ende März 2019 wurde Fatih Maçoğlu mit 32 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister der Provinzhauptstadt Tunceli (Dersim) gewählt
Maçoğlu hat als Mitglied der Sosyalist Meclisler Federasyonu (SMF – Föderation der Sozialistischen Räte) auf der Liste der TKP1 kandidiert. Die HDP2 erhielt 28 und die CHP3 20 Prozent. Das faschistische Lager erreichte 17,5 Prozent der Stimmen (AKP 14 und MHP 3,5 Prozent). Damit wurde zum ersten Mal ein kommunistischer Bürgermeister in einer Provinzhauptstadt gewählt.
Das Volk von Dersim ist in der übergroßen Mehrheit gegen die faschistische Diktatur in der Türkei, ist antifaschistisch und demokratisch eingestellt. Das Wahlergebnis ist zugleich Ausdruck des Wunsches der Massen nach einer sozialistischen Perspektive. Die Errichtung der AKP-MHP-Faschismus in der Türkei richtet sich insbesondere gegen die Revolutionierung der Massen, gegen revolutionäre und marxistisch-leninistische Kräfte.
Fatih Maçoḡlu war bereits zuvor in der Kleinstadt Ovacık (Provinz Dersim) Bürgermeister und bekannt und beliebt für einen demokratischen Stil in der Kommunalpolitik. Er bezog, soweit das unter den Bedingungen einer faschistischen Diktatur möglich ist, die Bevölkerung in die kommunale Verwaltung und Politik mit ein und förderte ihre Selbstorgansation. Im Kapitalismus, insbesondere in seiner Herrschaftsform des Faschismus, wie sie derzeit in der Türkei herrscht, ist es jedoch nicht möglich, sozialistische Inseln aufzubauen. Die Wahl des kommunistischen Bürgermeisters und seine fortschrittliche Politik wurde eine Zeit lang durch die türkische Regierung geduldet.
Maçoğlu schaffte es sogar bis in den staatlichen Fernsehsender TRT – als volkstümlicher Politiker. Ganz im Interesse der türkischen Regierung sollte damit der Eindruck demokratischer Wahlen erweckt und Illusionen in die besondere Form des türkischen Faschismus geschürt werden. Weiter hoffte die Regierung, mit der Wahl von Maçoğlu dem Befreiungskampf des kurdischen Volkes entgegenwirken zu können, da nicht die HDP gewonnen hatte.
Ausgerechnet im legendären Dersim, dem Zentrum der brutalsten Unterdrückung, mit verschiedenen Massakern an der kurdisch-alevitischen Bevölkerung, einem Zentrum von Aufständen, revolutionären Kräften und Bewegungen. Die gleichzeitige Kandidatur der HDP (einer breiten Bewegung mit hoher Verankerung unter der kurdischen Bevölkerung) und SMF (mit sozialistischem Anspruch) hat die türkische Regierung als Spaltung interpretiert. Dabei es ist jedoch eine Stärkung der Einheitsfront gegen den Faschismus in der Türkei. Die Zusammenarbeit mit den HDP-Abgeordneten wird intensiviert. Die Hoffnung der Regierung geht nicht in Erfüllung.
Im Mai hat Maçoğlu als Bürgermeister bei der Regierung den Antrag auf die Änderung des Namens der Stadt Tunceli (türkisch) in Dersim (kurdisch) gestellt, was abgelehnt wurde. Er führt zugleich Reformen ein. So ist jetzt – neben Türkisch – auch Kurdisch offiziell als Sprache anerkannt. Darauf reagieren die faschistisch-nationalistischen Kräfte mit Hetze und Drohungen. Die Solidarität mit den demokratischen und revolutionären Kräften von Dersim, als Bestandteil des Kampfes des kurdischen und türkischen Volkes gegen die faschistische Regierung und für seine Befreiung, ist eine wichtige Aufgabe der internationalen revolutionären Bewegung.