Rote Fahne 19/2019

Rote Fahne 19/2019

Betriebsbedingte Kündigungen jetzt auch bei Opel Rüsselsheim

Ein Arbeiter von Opel in Rüsselsheim gibt Auskunft über aktuelle Auseinandersetzungen, die für alle Automobilarbeiter in Deutschland von Bedeutung sind

Betriebsbedingte Kündigungen jetzt auch bei Opel Rüsselsheim
Rüsselsheimer Opelaner protestieren gegen Konzernpläne, Foto: RF

Rote Fahne: Stimmt es, dass jetzt erstmals Kolleginnen und Kollegen betriebsbedingt gekündigt werden sollen?

 

Opel-Kollege: Ja, das stimmt. Von 2000 Beschäftigten aus dem Entwicklungszentrum, die zum französischen Konzern Segula wechseln sollten, sind lediglich 200 „freiwillig“ gegangen. 1300 haben die Abfindung genommen oder sind in die Altersteilzeit. Auf die Kolleginnen und Kollegen wurde massiv Druck ausgeübt. Zunächst haben sich Hunderte geweigert, zu Segula zu wechseln oder eine Abfindung zu nehmen. Gegen die wurde von Opel ein regelrechtes Massenmobbing entfacht. 500 Kolleginnen und Kollegen wurden ab 1. September verpflichtet, zu Segula zu gehen. 27 von ihnen haben dagegen Klage beim Arbeitsgericht Darmstadt erhoben. Diese 27 wurden seit dem 29. August „freigestellt“ und sollen zum 31. Dezember gekündigt werden. Die 27 mutigen Kolleginnen und Kollegen werden in der Presse herabwürdigend als „renitent“ bezeichnet. Sie haben monatelangem Mobbing standgehalten und brauchen unsere Solidarität.

 

Erstmals in Deutschland wird damit in der Autoindustrie ausdrücklich betriebsbedingt gekündigt. Dafür hat die RAG1 die Blaupause geliefert. „Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen“ - damit wurden 20 Jahre lang Zugeständnisse und sogar Werksschließungen erpresst. Es war die Beruhigungspille, mit der Arbeitsplatzvernichtung und Ausbeutungsoffensiven begründet wurden. Das Scheitern dieses Betrugs beginnen die Kolleginnen und Kollegen zu verarbeiten.

 

Durch die unsichere Situation und die gestiegene Arbeitshetze in den Produktionsbereichen steigt der Krankenstand. Nicht wenige Kollegen hauen in den Sack, weil sie gesundheitlich erst mal keine Alternative sehen. Die Methode der unplanbaren Zeit vermittelt das Gefühl, dass die Produktion in Rüsselsheim nicht mehr gebraucht wird. Das sind neue, aggressive Formen des Massenmobbings, mit dem die Arbeiter und ihre Familien fertigwerden müssen, das hat ein neues Niveau. Das ist aber kein „individuelles Problem“ der Kollegen, die erkranken, sondern eine Auswirkung von gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen, Arbeitshetze und Mobbing. Jeder Form des Mobbings muss entschieden der Kampf angesagt werden!

 

Opel hat ab Oktober drei Monate Kurzarbeit angekündigt, auch für 2020. Was hat es damit auf sich?

 

In welchem Umfang die Kurzarbeit umgesetzt werden soll, darüber gibt es bisher noch keine eindeutigen Aussagen. Sicher werden wir Lohneinbußen haben. Das wird in besonderem Maße auch die Familien betreffen. Opel begründet das Ganze mit der Überbrückung, bis 2021 der neue Astra anläuft. Das nimmt ihnen kaum einer von uns ab. Wir lesen ja auch die Zeitung, die Kollegenzeitung Blitz und einige auch Rote Fahne News – das Nachrichtenportal der MLPD – und sehen, wie der Pkw-Verkauf in fast allen Ländern zurückgeht. Auf diese vertieften Krisenerscheinungen müssen wir die Kolleginnen und Kollegen vorbereiten und sie für einen gemeinsamen Kampf der Automobilarbeiter und aller Arbeiter gewinnen. Deshalb mobilisieren wir von der IAC-Gruppe2 Rhein-Main auch zur Demonstration am 14. September in Bottrop gegen die RAG.