Rote Fahne 20/2019
Doping und Korruption ohne Alternative?
Vom 28. September bis 6. Oktober werden Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt die Wettkämpfe der 18. Leichtathletik–WM in Doha /Katar verfolgen. Sie hoffen auf spannende Wettkämpfe und faires Verhalten von Sportlern
Aber die Vorfreude auf das Kräftemessen von Athleten aus 214 Nationen wird überschattet. Die Kritik daran wächst, wie unter dem Diktat des Kapitals solche Großereignisse inszeniert und ausgetragen werden. So erinnert der Zuschlag für die Wüstenstadt Doha sehr an das „Sommermärchen“ bei der Fußball-WM von 2006. Eine katarische Bank als Hauptsponsor hat unter anderem mit rund 30 Millionen Euro an den Leichtathletik-Verband IAAF für den Zuschlag an Doha gesorgt.
Auch die im Vorfeld bekannt gewordenen Doping-Fälle und Verdachtsmomente belegen, dass die kapitalistische Profitmacherei den Spitzensport immer umfassender unter das Diktat „Leistung und Sieg um jeden Preis“ gestellt hat: Nach sechsjährigem Rechtsstreit konnte erst im Juli 2017 eine Dopingstudie von Wissenschaftlern der Universität Tübingen und der Harvard Medical School veröffentlicht werden. Immer wieder hatte die IAAF die Veröffentlichung verhindert. Danach waren etwa 40 Prozent der Leichtathleten bei der WM 2011 in Daegu/Südkorea gedopt. Tatsächlich wurden damals aber nur 0,5 Prozent der getesteten Sportler des Dopings überführt!1
Sicher ist ein Generalverdacht gegenüber Spitzensportlern auch nicht richtig: Durch die Verwissenschaftlichung des Sports und Kenntnis darüber, wie jeder Muskel effektiv trainiert und eingesetzt wird, wie die Energiezufuhr und Verwertung durch eine gesunde Ernährung dazu aussehen muss usw., sind auch Spitzenleistungen und neue Weltrekorde durchaus vorstellbar. Es ist die Vereinnahmung des Sports durch die Herrschenden, vor allem die Korrumpierung der Denkweise der Sportler durch das herrschende Konkurrenzprinzip, das die Züchtung von Eliten, Starkult und Karrierismus hervorbringt. Das wird auf Kosten der Gesundheit der Sportler und mit Doping verfolgt.
Geht Spitzensport ohne Profitinteressen?
Wie Höchstleistungen auf ehrliche, ungedopte Weise erzielt werden können, zeigen Ausschnitte der Zuschrift eines ehemaligen Leistungssportlers an die Redaktion über sein Training Anfang der 1970er-Jahre. Damals war der Spitzensport auch nicht von Solidarität und Selbstlosigkeit geprägt, aber zu diesem Zeitpunkt stand der Spitzensport noch nicht so allseitig unter dem unmittelbaren Diktat des Finanzkapitals:
„Das Training war keinerlei Zuckerschlecken, sondern sehr intensiv und man musste sich eine Trainings- und damit auch Wettkampfhärte aneignen. … Dabei gab es aber verschiedene ‚Grundsätze‘ und Methoden, insbesondere für Jugendliche: Ein Punkt war, dass man sich als Jugendlicher nicht zu früh spezialisieren soll, sondern möglichst viel ausprobiert. So trainierten die Werfer auch für Läufe und Sprünge. Oder ich – als von der Statur her Mittelstreckler – kam durch Erlernen der Technik beim Kugelstoßen auf beachtliche Weiten. Ein weiterer Grundsatz war, nach Möglichkeit schonend zu trainieren. Der sehr verantwortliche Trainer sagte, dass man als Jugendlicher im Normalfall in Wettkämpfen nicht mehr als 90 Prozent seiner Leistungsgrenze ausschöpfen und höchstens zwei- bis dreimal pro Saison an die Grenze gehen sollte. Dadurch wird ein Substanzverlust vermieden, der sich später rächt.“
Solche Grundsätze können im Sozialismus allseitig angewendet und weiterentwickelt werden, wenn der Mensch im Mittelpunkt steht.