Rote Fahne 01/2020

Rote Fahne 01/2020

Lungenembolie scheinbar aus dem Nichts – Risiko Antibabypille

Im Herbst wurden bei mir eine tiefe Beinvenenthrombose und eine lebensgefährliche Lungenembolie festgestellt. Scheinbar aus dem Nichts. Nach gründlicher Ursachenforschung ist heute klar: schuld war die Antibabypille

Von Korrespondenz
Lungenembolie scheinbar aus dem Nichts – Risiko Antibabypille
Auch bei anderen „neuen“ Antibabypillen ist die Thrombose-Häufigkeit erhöht, Foto: Tim Reckmann

Zahlreiche Pharmakonzerne, auch der deutsche Bayer-Konzern, entwickelten die Antibabypillen der dritten und vierten Generation. Diese Präparate werden skrupellos und massenhaft gerade an Mädchen und junge Frauen wie Lifestyle-Präparate vermarktet. Die Gynäkologen sind über manipulierte Fortbildungsveranstaltungen eingebunden. Viele von ihnen preisen sie als besonders verträglich an. Damit wird eine Sorglosigkeit gefördert und die tatsächlichen oder vermeintlichen Vorteile wie reinere Haut, schönerer Sex oder das Ausbleiben von Regelschmerzen höher gewichtet als das Risiko. So behandelte ich die Pille gar nicht als hochwirksames Medikament.

 

Dabei war den Konzernen bereits vor der Zulassung bekannt: Bei Präparaten mit dem Wirkstoff Drospirenon liegt das Risiko für Thrombosen und Lungenembolien doppelt so hoch wie bei den „alten“ Antibabypillen der zweiten Generation. Diese Erkenntnis wurde den Zulassungsbehörden bewusst unterschlagen. Tausende von Frauen erlitten so vermeidbare Lungenembolien und Schlaganfälle, oft mit tödlichem Ausgang oder lebenslang bleibenden Behinderungen.

 

Die ARD widmete diesem Skandal am 23. Oktober einen Themenabend. Das Doku-Drama „Was wir wussten – Risiko Pille“ 1 und die Dokumentation in „Plusminus“ können über die ARD-Mediathek angesehen werden. Ich stieß bei meiner Recherche auch auf die empfehlenswerte Internetseite risiko-pille.de, die geschädigte Frauen als Schritt der gegenseitigen Hilfe und Selbstorganisation betreiben.

 

Erst 2014 mussten die Bayer AG und andere Hersteller auf Beschluss der EU-Kommission ihre Beipackzettel ändern. Trotz allem sind diese Präparate aber weiterhin zugelassen und werden in Deutschland auch von den Krankenkassen bezahlt. In den USA zahlte Bayer außergerichtlich 2,1 Milliarden Dollar Entschädigung an betroffene Frauen. In Deutschland wurden alle Entschädigungsansprüche abgeschmettert. VW lässt grüßen.

 

Stefan Engel kritisiert die Profitwirtschaft grundsätzlich: „Die modernen Wissenschaften haben der Menschheit zweifellos enorme Errungenschaften gebracht. In den Erfahrungen der Massen mit Gesundheit und Krankheit und in der wissenschaftlichen Medizin ist viel Wissen über Vorsorge sowie über Diagnostik und Therapie zusammengefasst. Ein persönlich verantwortlicher Umgang mit Ernährung und Gesundheit ist unbedingt notwendig. Es ist erfreulich, dass das Bewusstsein darüber unter den Massen wächst. Doch unter der Herrschaft des internationalen Finanzkapitals bleiben diese Fortschritte weitgehend machtlos gegen die Wirkungen der Überausbeutung der menschlichen Arbeitskraft, gegen die chronische Krise der bürgerlichen Familienordnung und gegen die umweltbedingte Überbelastung der Menschen.“ 2

 

Auch im Interesse unserer Gesundheit muss das kapitalistische System revolutionär überwunden werden, der Kampf für Arzneimittelsicherheit ist heute schon dringend nötig.