Rote Fahne 17/2020

Rote Fahne 17/2020

Kommunen im Krisenmodus – historischer Einbruch der Gewerbesteuern

„Die kommunalen Haushalte werden am Ende des Jahres so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie noch nie erlebt haben“1, stellt die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetags, Verena Göppert, fest

Von (sr)
Kommunen im Krisenmodus – historischer Einbruch der Gewerbesteuern
Besonders belastet von der Abwälzung der Krisenlasten auf die Kommunen – die Familien, Foto: RF

Im ersten halben Jahr ist demnach das Gewerbesteueraufkommen insgesamt um etwa 28 Prozent gesunken – darin enthalten sind aber noch Monate vor dem Ausbruch der Corona-Krise. In Nordrhein-Westfalen trifft dieser Einbruch auf marode Haushaltskassen und hochverschuldete Städte mit steigenden Sozialausgaben. Thyssenkrupp plant, weitere 20 000 Arbeitsplätze zu vernichten. Karstadt-Kaufhof plant allein in NRW die Schließung von mindestens 14 Filialen.

 

Dreist wälzen Regierung und Konzerne die Krisenlasten auf die Kommunen ab, indem sie die Schere zwischen sinkenden Gewerbesteuern durch die Konzerne und steigenden Sozialausgaben systematisch vergrößern. Die Zeche zahlen die Massen. 794 000 Menschen sind zum Sommerstart in NRW arbeitslos. Die offizielle Arbeitslosenquote stieg hier auf 8,1 Prozent, den höchsten Wert der vergangenen fünf Jahre.2 Von März bis April hatten 35 bis 40 Prozent der Betriebe landesweit Kurzarbeit angemeldet, die statt von den Konzernen aus Geldern der Arbeitslosenversicherung finanziert wird. Ebenso steigen die Gesundheitsausgaben der Kommunen durch die Corona-Pandemie.

 

Besonders die Familien sind hoch belastet. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Familienministeriums gibt es aktuell nur für 39,8 Prozent aller Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz.3 Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb zum sogenannten Corona-Sofortprogramm von 130 Milliarden Euro der Bundesregierung, in denen nur sechs Milliarden Euro für die Kommunen vorgesehen sind: „Ein großer Teil davon geht an die Kommunen, auch Familien erhalten Unterstützung.“4 Tatsächlich beinhaltet das Sofortprogramm reale Zuschüsse für die Kommunen. Der Anteil des Bundes an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose wird dauerhaft auf 75 Prozent erhöht. Die Erstattung der Gewerbesteuerausfälle für 2020 je zur Hälfte durch Bund und Land ist ein Aufschub auf Raten. Die Gelder aus dem Sofortprogramm werden schnell aufgebraucht sein und sind vor allem eine direkte Unterstützung der Monopole. Stattdessen sollten Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen in einem bürokratischen Nachprüfungsverfahren zu Rückzahlungen „zu viel gezahlter“ Soforthilfe zur Kasse gebeten werden. Nach Protesten musste die NRW-Landesregierung die umfangreichen Nachprüfungen aussetzen.

 

Die MLPD spricht sich entschieden dagegen aus, die Gewerbesteuern für Konzerne und Monopole zu senken oder gar zurückzuerstatten! Die Soforthilfe durch den Bund für Kommunen, Solo-Selbstständige und Kleingewerbetreibende, Studierende und Familien muss dagegen ausgebaut werden. NRW hat mit 1409 Euro5 die höchste Pro-Kopf-Verschuldung. Wenn es wirklich um eine Entlastung der vielen hoch verschuldeten Kommunen in NRW gehen würde, wäre ein Schuldenschnitt die erste Maßnahme. Aber Fehlanzeige! Ministerpräsident Armin Laschet schweigt sich dazu aus. Durch das Sofortprogramm hätten die Kommunen „Luft zum Atmen“. In verschuldeten Städten ist aber Atemnot angesagt. Diese sind gezwungen, trotz der Gelder aus dem Sofortprogramm zu kürzen und Haushaltssperren zu verhängen. Es wird Zeit, dass Armin Laschet politisch „die Luft“ wegbleibt.