Rote Fahne 18/2020
Das Potsdamer Abkommen – Chance für einen demokratischen Neuanfang in Deutschland
Vor rund 75 Jahren, vom 17. Juli bis 2. August 1945 fand im Schloss Cecilienhof bei Potsdam die Potsdamer Konferenz der alliierten Mächte (Sowjetunion, USA und Großbritannien) statt. „Die Potsdamer Konferenz hinterließ Europa und die Welt gespalten“, behauptet der Tagesspiegel.1 Das stellt die Realität weitgehend auf den Kopf
Zum Zeitpunkt der Potsdamer Konferenz hatte das faschistische Deutschland bedingungslos kapituliert. Der Krieg gegen Japan war noch nicht beendet und dauerte noch bis zum 2.9.1945. Wegen der Niederlage Winston Churchills bei den Unterhauswahlen in Großbritannien löste Clement Attlee ihn als britischer Verhandlungsführer gegenüber den vorhergegangen Konferenzen der Alliierten ab. Harry S. Truman war nach dem Tod Franklin D. Roosevelts Verhandlungsführer der USA. Josef W. Stalin führte die sowjetische Delegation an.
Im Mittelpunkt der Verhandlungen standen Fragen einer friedlichen Nachkriegsordnung (unter anderem die Rolle der Vereinten Nationen und Polens Westgrenze) und die Behandlung Deutschlands sowie seiner ehemaligen Verbündeten. Die westliche Seite war noch nicht allgemein auf Konfrontationskurs. Ein Grund: Die USA brauchten die Hilfe der Roten Armee im Krieg gegen Japan. Außerdem dachte Truman, er könne Stalin mit dem ersten Atomwaffentest der USA am 16. Juli 1945 einschüchtern. Das gelang ihm aber nicht.
Die Sowjetunion hatte das Ziel, gemeinsame, für alle Seiten verbindliche Vereinbarungen zu treffen und wollte vor allem Frieden. Das Land musste nach dem brutalen Krieg, den die faschistische Wehrmacht geführt hatte, wieder aufgebaut werden. In der „Mitteilung über die Berliner Konferenz“2 vom 2. August 1945 heißt es: „Es ist nicht die Absicht der Alliierten, das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven. Die Alliierten wollen dem deutschen Volk die Möglichkeit geben …, sein Leben … auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage wiederaufzubauen.“3 Dazu war es notwendig, alle faschistischen Organisationen zu verbieten und die Verantwortlichen für die Verbrechen des Hitler-Faschismus zu bestrafen. Bis auf einige Hauptkriegsverbrecher, die in Nürnberg verurteilt wurden, hatten aber in den Westzonen ehemalige Nazis bald wieder wichtige Posten inne oder konnten untertauchen.
Die Sowjetunion hat sich für den Aufbau eines wirklich antifaschistisch-demokratischen Deutschland eingesetzt. Vor allem die USA wollten kein neutrales, unabhängiges Deutschland, sondern ihren Einfluss in Mitteleuropa weiter ausdehnen. Deutschland sollte Speerspitze gegen die sozialistische Sowjetunion sein. Obwohl die Auflösung der deutschen Land-, See- und Luftstreitkräfte beschlossen wurde, standen im Einflussbereich der westlichen Siegermächte weiter 400 000 Mann unter Waffen. Reaktionäre Kräfte planten, einen Krieg gegen die Sowjetunion mit deutschen Truppen zu führen. Die Sowjetunion wurde zum Hauptfeind, dessen Einfluss man „eindämmen“ (containment) wollte. Begleitet wurde der Bruch des Abkommens mit einem Trommelfeuer aus Lügen und antikommunistischer Hetze, die bis heute wirken.
Antikommunisten und Verleumder behaupten, die Sowjetunion hätte Deutschland ihr Wirtschaftssystem aufzwingen wollen. Im Text des Abkommens steht jedoch, dass es um die „Vernichtung des deutschen Kriegspotentials“ geht und darum, „die Produktion von Waffen, Kriegsausrüstung und Kriegsmitteln, ebenso die Herstellung aller Typen von Flugzeugen und Seeschiffen zu verbieten und zu unterbinden“.4
Weiter sollte die Macht der Konzerne beseitigt werden. Es sei „das Hauptgewicht auf die Entwicklung der Landwirtschaft und der Friedensindustrie für den inneren Bedarf zu legen“.5 Im Westen saßen die Krupps, Thyssens, Flicks und so weiter aber bald wieder an den Machthebeln. In der sowjetisch besetzten Zone dagegen wurden Konzerne zerschlagen, Großgrundbesitzer enteignet und eine Landreform durchgeführt. Die im Potsdamer Abkommen festgelegte Umsiedlung von Deutschen aus Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei war eine richtige Maßnahme. Viele Deutsche hatten sich dort an Verbrechen der Hitler-Faschisten beteiligt oder davon profitiert.
Auf der Krim-Konferenz war zuvor festgelegt worden, dass Deutschland 20 Milliarden Dollar an Reparationen hauptsächlich durch Sachleistungen leisten muss. 50 Prozent sollte die Sowjetunion erhalten. Allein deren materielle Schäden betrugen 2,6 Billionen Rubel. In Potsdam lehnten die Westmächte die Entnahme von Industrieanlagen aus ihren Zonen ab. Die Sowjetunion musste ihre Reparationsansprüche durch Entnahmen aus ihrer Besatzungszone kompensieren. Die Kriegsschäden wurden dadurch natürlich nicht ausgeglichen.
Das Potsdamer Abkommen war die Chance, ein vereintes demokratisches Deutschland aufzubauen. Die Westmächte und reaktionären Kräfte haben das verhindert und Deutschland gespalten. Die sowjetische Regierung setzte sich stets für die Verwirklichung des Abkommens ein. Noch im März 1952 schlug sie den Westmächten den Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland vor, auch Stalin-Note genannt. Danach sollte Deutschland wieder vereint werden, keinem Militärbündnis angehören und alle Besatzungstruppen sollten abgezogen werden. Die reaktionäre Adenauer-Regierung und die US-Imperialisten haben auch diesen Vorschlag abgelehnt.