Rote Fahne 23/2020
Schamlose Bereicherung – wachsende Armut
Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise, sprunghaft verschärft durch die Corona-Pandemie, hat die herrschende Klasse noch reicher gemacht und stürzt die arbeitenden Massen weltweit in Hunger und Armut
Das Gesamtvermögen der weltweit 2000 Dollar-Milliardäre stieg bis Ende Juli 2020 auf den Rekordwert von 10,2 Billionen Dollar. In Deutschland stieg das Nettovermögen der Milliardäre vom März 2019 bis Ende Juli 2020 von 500,9 Milliarden Dollar auf 594,9 Milliarden Dollar.1 Eine wesentliche Rolle scheint dabei die Finanzspekulation gerade angesichts der sprunghaft anwachsenden Staatsverschuldung zu spielen. Der Wirtschaftswissenchaftler Thomas Piketty führt dazu aus:
„Die Orgie der Geldschöpfung und des Kaufs von Finanztiteln führt in der Tat zu einem Anstieg der Aktien- und Immobilienpreise, was zur Bereicherung der Reichsten beiträgt.“ 2
Die Armutsrate steigt dabei auch in den imperialistischen Ländern. Seit Mai 2020 liegen acht Millionen US-Bürger mehr unter der Armutsgrenze, was ein Wirtschaftswissenschaftler gegenüber der New York Times so kommentiert: „… die Zahlen sagen, dass die Menschen viel mehr Schwierigkeiten haben, ihre Rechnungen zu bezahlen, ihre Miete zu bezahlen, das Essen auf den Tisch zu bringen“.3
In Frankreich meldet Le Monde: „Die wohlhabendsten 20 Prozent der Haushalte haben 70 Prozent des Wachstums des Finanzvermögens gehortet, das sich zwischen März und August 2020 angesammelt hat. Umgekehrt konnten die ärmsten 20 Prozent der französischen Bevölkerung nicht nur nicht mehr als üblich sparen und auch keine Notgroschen anlegen.“ Sie verschuldeten sich.
Dieser schreiende Widerspruch zwischen Armut und Reichtum ist im Kapitalismus systemimmanent. Schon Karl Marx wies hin auf die „Armut der großen Masse, die immer noch, aller Arbeit zum Trotz, nichts zu verkaufen hat als sich selbst, und dem Reichtum der wenigen, der fortwährend wächst, obgleich sie längst aufgehört haben zu arbeiten“. 4
Hungerkatastrophe in abhängigen Ländern
Erwin Northoff von der Welthungerhilfe rechnet damit, dass in den ärmsten Ländern eine schwere Ernährungskrise droht, mit hoher Arbeitslosigkeit, stark wachsender Armut und Unterernährung.5
Dabei ist erstaunlich, dass nach Angaben der FAO6 die wichtigen Vorratsspeicher prall gefüllt sind. 2007/2008 waren dort 472 Millionen Tonnen Getreide gelagert, jetzt sind die Vorräte mit 927 Tonnen auf einem Rekordhoch. Die FAO schätzt diese Menge als einen „soliden Puffer“ ein, sollte es in den kommenden Monaten zu Hungerkatastrophen kommen.
Allerdings konzentrieren sich die größten Getreidevorräte in nur wenigen Ländern – darunter China und Indien. Der FAO-Ökonom Josef Schmidhuber meint dazu: „Diese Vorräte würden im Krisenfall also nur bedingt zur Stabilisierung der Märkte zur Verfügung stehen.“ 7 Mit anderen Worten: Obwohl bereits jetzt genug zum Essen da ist, wird der Hunger vor allem in den vom Imperialismus abhängigen Ländern explodieren. Der Grund: Auf diese Länder kommt wegen der Krise „ein dramatisches Krisenszenario mit ungeahntem Ausmaß“7 zu. Verantwortlich dafür sind mehrere Faktoren im Zusammenhang mit der neokolonialen Ausplünderung dieser Länder:
„Der monetäre und finanzpolitische Spielraum der meisten Entwicklungsländer ist durch eine enorme Schuldenlast eingeengt, die schon vor der Covid-19-Krise historische Ausmaße angenommen hatte.“7 Dabei werden diese Länder „in den kommenden zwei Jahren mindestens 2,5 Billionen Dollar an externer Finanzhilfe benötigen, um die Covid-Krise zu überstehen“. 7
Stattdessen erleben diese Länder aber eine beispiellose Kapitalflucht. „Gleich zu Beginn der Corona-Krise haben Investoren in zwei Monaten rund 100 Milliarden Dollar abgezogen. Das ist das Dreifache des Abflusses seit der letzten großen Finanzkrise.“7
Hinzu kommt, dass die Geldtransfers von Migranten an ihre Familien, die 2018 rund 350 Milliarden Dollar ausmachten, um rund 100 Milliarden Dollar weniger geworden sind. Die Folgen sind dramatisch: Bereits jetzt schon leiden 820 Millionen Menschen an chronischem Hunger und 135 Millionen an akuter Unterernährung. Es wird damit gerechnet, dass 2020 130 Millionen Menschen mehr akut Hunger leiden. „Wegen geschlossener Schulen haben 350 Millionen Schüler keine regulären Mahlzeiten bekommen.“ 7
Das bedeutet auch, dass ganze Staaten, ja ganze Regionen wie die Sahel-Zone vor dem Zusammenbruch stehen.
Die gezeigte Entwicklung ist Bestandteil der Herausbildung einer Krise des gesamten imperialistischen Weltsystems. Die allseitige Krisenentwicklung wird durch oben genannte Entwicklung auf die Spitze getrieben. Die richtige Antwort darauf ist der entschiedene Kampf der Völker unter Führung des internationalen Industrieproletariats – mit dem Ziel der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.