Rote Fahne 04/2021

Rote Fahne 04/2021

Klage gegen brutalen Polizeieinsatz in Ellwangen erregt Aufsehen

Ein Politikum: Ein Flüchtling klagt gegen das Land Baden-Württemberg

Von (jj)
Klage gegen brutalen Polizeieinsatz in Ellwangen erregt Aufsehen
Alassa Mfouapon – Sprecher des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität in Solidarität International (SI) und eng verbunden mit vielfältigen Kämpfen in Deutschland, Foto: RF

Am 3. Mai 2018 fand ein brutaler Polizeieinsatz mit rund 600 Beamten in der LEA1 für Flüchtlinge in Ellwangen, Baden-Württemberg, statt. Dagegen klagte Alassa Mfouapon vor gut zweieinhalb Jahren. Immer wieder wurde dies durch die Behörden verschleppt. Am 19. Februar findet in Stuttgart die Verhandlung statt, unmittelbar im Vorfeld der Landtagswahlen in Baden-Württemberg am 14. März. Bis heute gibt es keinerlei Distanzierung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Ziel ist die Verurteilung des Polizeinsatzes und die darauf folgende Abschiebung Alassas am 20. Juni 2018 nach Italien als rechtswidrig. Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in Solidarität International fordert die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen. Was war passiert? Mitten in der Nacht wurden ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss Schlafzimmer aufgebrochen, Bewohner aus ihren Betten gezerrt, manche sprangen vor Angst aus dem Fenster. Viele leiden noch heute unter dem Trauma. Die Kosten des Einsatzes werden auf eine halbe Million Euro geschätzt. Wenige Tage zuvor vereitelten die Geflüchteten durch friedlichen Protest die Abschiebung ihres Freundes, eines Togolesen.

 

Eine bundesweite Hetzkampagne wurde gegen ihren Widerstand losgetreten, allen voran durch die Bild-Zeitung. Die Asylbewerber hätten Gewalt gegenüber den Beamten ausgeübt, Bundesinnenminister Seehofer schwadronierte von „rechtsfreien Räumen“. Alice Weidel/AfD diffamierte Alassa später als „Rädelsführer“. Alles glatte Lügen, wie in der Folge lückenlos nachgewiesen wurde. Gegen ihre Diffamierung und Kriminalisierung wehrten sich die Flüchtlinge mit einer Demonstration und Pressekonferenz unter dem Motto „Jetzt reden wir!“ Die Abschiebung Alassas war ein Manöver zur Einschüchterung aller Flüchtlinge, die es wagten, um ihre demokratischen Rechte und Freiheiten zu kämpfen, an die Öffentlichkeit zu gehen und sich zu organisieren.

 

Dieser Prozess und sein Ausgang  hat bundesweite Bedeutung. Die gesamte reaktionäre Flüchtlingspolitik der EU, maßgeblich bestimmt von der Bundesregierung, stehe vor Gericht, so sein Anwalt Frank Jasenski. Dieses offensive Vorgehen ist typisch für den Weg des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität in Solidarität International (SI). In einer Videobotschaft erklärt Alassa: „Ich sage allen Flüchtlingen: Angst zu haben, wird nicht helfen, je mehr wir sind, desto mehr Einfluss haben wir und wird unsere Klage Früchte tragen.“ In diesem Sinne rief der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in Solidarität International zu bundesweiten Aktivitäten am 17. Februar auf. Am 18. Februar, dem Prozesstag selbst, sind Aktivitäten rund um das Gerichtsgebäude geplant. Rote Fahne wird ausführlich über den Ausgang des Prozesses und die Aktivitäten der selbstorganisierten Flüchtlingsbewegung berichten.