Rote Fahne 04/2021

Rote Fahne 04/2021

„Mein Mann, der Kommunist“

Buchbesprechung von Gabi Fechtner zum Roman von Philip Roth

„Mein Mann, der Kommunist“
Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD

In diesem Roman über die McCarthy-Ära in den USA der 1950er-Jahre geht es um einen jüdischen Kommunisten Ira Ringold, der „aus der Gosse“ kommt, Stahlarbeiter wird, und glühender Anhänger der Sowjetunion, Stalins und der kommunistischen Partei ist. Er wird später Radio-Star und Sprecher einer fortschrittlichen Radiosendung. Dadurch lernt er seine spätere Frau Eve kennen, eine berühmte Filmschauspielerin. Diese akzeptiert zunächst seine politische Haltung, aus der er kein Hehl macht und gerne und lautstark bei jeder Gelegenheit gegen Kapitalismus und Antikommunismus polemisiert. Später verrät sie ihn an ultrareaktionäre und antikommunistische Kräfte im Kulturbetrieb. Er kommt auf die Schwarzen Liste, verliert seine Arbeit, Ansehen, Wohnung und so ziemlich alles und stirbt kurz danach.

 

Das 1998 sehr scharfsinnig geschriebene Buch von Philip Roth macht deutlich:

 

Die fortschrittlichen Bestrebungen, die es vor der ultrareaktionären McCarthy-Ära und der massiven Welle des Antikommunismus in den USA gab. Die Kommunisten standen an der Spitze bürgerlich-demokratischer Bestrebungen, der Verankerung des Ansehens der sozialistischen Sowjetunion, ihrer Verdienste im II. Weltkrieg, im Kampf um Arbeiterrechte und auch gegen den Rassismus. Es waren die Kommunisten, die insbesondere innerhalb der Arbeiterklasse für die Einheit der weißen und schwarzen Bevölkerung eintraten. So heißt es über eine Schallplatten-Fabrik in Chicago: „Soweit ich feststellen konnte, war man uns Weißen gegenüber nicht argwöhnisch. Zunächst einmal wussten die Farbigen ja, dass jeder Weiße, den die Gewerkschaft in diese Fabrik schickte, ja entweder Kommunist oder ein ziemlich treuer Mitläufer war. Und daher hatten sie keine Hemmungen. Sie wussten, dass wir von Rassenvorurteilen so frei waren, wie es ein Erwachsener in dieser Zeit und Gesellschaft nur sein konnte“. (S. 120)

 

An mehreren Stellen wird auf den Zusammenhang der Schwächung des Kampfs gegen den Rassismus durch den Antikommunismus hingewiesen: „Neunzig Neger1 hat man gelyncht, seit Truman ins Weiße Haus gekommen ist und von Bürgerrechten  faselt. Sind daran die Kommunisten schuld, oder ist daran Trumans Justizminister schuld, … der zwar die Ungeheuerlichkeit fertig bringt, zwölf Führer der Kommunistischen Partei vor ein amerikanisches Gericht zu schleppen, … aber nicht einen Finger rührt, wenn es um Lynchmorde geht!“

 

Die zerstörerische Wirkung des kleinbürgerlichen Elements wird deutlich – die Rolle der Trennung von Politik und Privatleben. Sie war eine offene Flanke  für das Eindringen des modernen Antikommunismus, konnte letztlich die Kommunistische Partei, wie auch den Rückhalt des Sozialismus unter der Bevölkerung unterlaufen. Dieser Reformismus schuf mittels der kleinbürgerlichen Denkweise tiefsitzende Illusionen in den aufstrebenden Kapitalismus: „Und bei der nächsten Wahl wurde Franklin Roosevelt Präsident, und die Art von Kapitalismus, die mich zum Büro der Kommunistischen Partei gejagt hatte, einer so gründlichen Überholung unterzogen, wie dieses Land es noch nie zuvor erlebt hatte. Ein großer Mann hat den Kapitalismus dieses Landes vor den Kapitalisten gerettet und patriotische Menschen wie mich vor dem Kommunismus bewahrt.“ (S. 132)

             

Es wird dargelegt, wie der latente Antisemitismus in bestimmten Schichten ein Boden war, den Antikommunismus zu verankern. Das ist auch für die Bewegung „Gib Antikommunismus, Antisemitismus, Rassismus und Faschismus keine Chance!“ wichtig. „Latenter Antisemitismus war auch eine der Quellen, aus denen sich die Paranoia des Kalten Kriegs speiste, und so konnte Eve unter der moralischen Führung der Grants … ein privates Vorurteil in eine politische Waffe umwandeln, indem sie dem nichtjüdischen Amerika bestätigte, dass in New York wie in Hollywood, beim Rundfunk wie beim Film, der hinter jeder Ecke lauernde Kommunist in neun von zehn Fällen obendrein auch noch Jude war.“ (S. 338)

 

Gut beschreibt das Buch immer wieder den Kampf um die Denkweise, den der Autor, der in Ich-Form schreibt, zugleich nicht austrägt und selbst von der kleinbürgerlichen Denkweise beeinflusst ist. Er bezieht sich darauf, dass der Hauptprotagonist letztlich Opfer seiner kleinbürgerlichen und bürgerlichen Lebensweise wurde. Es wird deutlich, dass die „Vermischung“ der proletarischen mit der bürgerlichen Ideologien nicht gutgehen kann. „Was mir fehlte, hat wohl auch Ira gefehlt: ein ungeteiltes Herz, ein Herz wie das beneidenswert zielstrebige Herz von Johnny O‘Day, unzweideutig, bereit, allem und jedem zu entsagen, außer der Revolution.“ (S. 294)

 

Was dem Buch abgeht, ist jegliche positive Perspektive oder auch Offensive gegen den Antikommunismus. Es legt dessen zerstörerische Wirkung auf den Menschen und die Gesellschaft bedrückend und von einem kritischen Standpunkt dar.