Rote Fahne 04/2021
Nur harter Kampf besiegt die dritte Welle!
In der Runde von Bundeskanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder am 10. Februar wurden Weichen gestellt.
Aber nicht, wie es Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller verkündete, im Sinne „einer Perspektive für die Menschen“. Vielmehr sollen nach ihren Beschlüssen die Einschränkungen auf dem Rücken der Massen bis mindestens 7. März verlängert werden. Verbunden wird das mit schrittweisen Lockerungen. Auf Seide gebettet sind die Monopole. Die dürfen – mit ein paar höflichen Bitten garniert – schalten und walten, wie sie wollen. Corona-Krankheitsfälle und Quarantäne-Betroffene müssen weder gemeldet noch publiziert werden! Dabei verbreiten sich gefährliche Virus-Mutationen, die sich durchsetzen und die Ausbreitung der Pandemie auch in Deutschland sprunghaft beschleunigen können. Die Regierungsbeschlüsse stellen die Weichen auf eine dritte Corona-Welle. Höchste Zeit, dass die Arbeiterklasse und die Massen ihre Weichen stellen: Auf entschlossenen Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten und für einen konsequenten Lockdown auf Kosten der Monopole!
Angela Merkel begründete in ihrer Bundestagsrede am 11. Februar die Beurteilung der Beschlüsse als „geeignet“ und „verhältnismäßig“ vor allem mit der „Trendumkehr“ bei der Sieben-Tage-Inzidenz. Doch der Erfolg ist trügerisch. Was nützt es, wenn man vor einer heranwalzenden Lawine flüchtet, aber nicht schnell genug ist?
„Wir sind nicht mehr weit von Infektionszahlen entfernt, die uns Schritt für Schritt wieder Öffnungen und Freiheiten ermöglichen“, so Merkel weiter. Die neuen Virus-Mutanten werden aber sehr bald für eine Trendumkehr in die andere Richtung sorgen, wenn es beim „Weiter so“ im Corona-Krisenmanagement bleibt. Je nach Studie gehen Wissenschaftler davon aus, dass die britische Variante zwischen 33 und 70 Prozent ansteckender ist, vermutlich auch tödlicher wirkt. Berechnungen des US-amerikanischen „Centers of Disease Control and Prevention“ zufolge wird diese Mutante bereits im März sowohl in den USA als auch in Deutschland die häufigste Variante des Corona-Virus sein.1 Schon jetzt (Stand 15. 2. 2021) verursachen die Mutationen in einigen Städten und Regionen wie in Hannover oder in Teilen Nordostbayerns mehrheitlich die Neuinfektionen.
„Bussiness as usual“? Brandgefährlich!
Es ist brandgefährlich, in dieser Situation Produktionsbetriebe und teils Verwaltungen munter weiterlaufen zu lassen. Die ansteckenderen Viren machen aus Betrieben – noch mehr als bisher schon – Hotspots der Ausbreitung. Meldungen über Massenausbrüche in „normalen“ Industriebetrieben mit angeblich „umfassenden Hygienekonzepten“ häufen sich. 36 Beschäftigte des Reinigungs- und Gartengeräteherstellers Kärcher in Obersontheim wurden am 12. Februar positiv getestet. 40 am 7. Februar in einem Logistikzentrum der Firma Würth. In Bremen konnten 18 von 178 Infektionen mit mutierten Viren in der ersten Februarwoche Ausbrüchen bei den Tiefkühlkostbetrieben Frosta und Deutsche See zugeordnet werden.2 Wie sehr sich Infektionen insgesamt in den Betrieben verbreiten, wird vom staatlichen Robert-Koch-Institut (RKI) nicht erfasst. Betriebe unterliegen weder einer Meldepflicht für Corona-Fälle noch einer Pflicht zur Kontaktnachverfolgung. Kein Wunder, dass sie in den Statistiken kaum auftauchen!
Wohin das führen kann, zeigt sich derzeit in Tschechien. Dort liegen die Inzidenzwerte in manchen Regionen bei über 1000 – bei rasant ansteigenden Infektionszahlen vor allem mit der britischen Virusvariante. Dennoch hat das Parlament auf Aufforderung der internationalen Monopole den seit Oktober geltenden „Notstand“ aufgehoben. Der schränkte wie in Deutschland allerdings ohnehin vor allem das Leben der Massen ein und konnte die Infektionszahlen kaum eindämmen. Die Corona-Viren verbreiten sich vor allem am Arbeitsplatz.3 Die bayerische Landesregierung begründet ihre Einreisesperren besonders mit der Gefahr, die von Berufspendlern ausginge – für die es allerdings schon wieder großzügige Ausnahmeregeln gibt.4
Irrfahrt im Nebel
Die Präsidenten von BDA und BDI, Rainer Dulger und Siegfried Russwurm, fordern in einem gemeinsamen Appell ein „evidenzbasiertes Öffnungsszenario, statt einschränkende Maßnahmen im Mehr-Wochen-Rhythmus fortzuführen“5. „Evidenzbasiert“ heißt laut Duden, dass nur „empirisch zusammengetragene Erkenntnisse“ berücksichtigt werden. Genau das praktizieren Monopole und Regierung seit Beginn der Pandemie. Man fährt „auf Sicht“ und unsicher umher im Nebel des komplexen Pandemie-Geschehens. Bis man scheinbar urplötzlich auf ein Problem oder eine neue Pandemie-Welle stößt und unsanft mit der Realität konfrontiert wird. Doch so verfahren die Großkonzerne auch in der Produktion. Jeder produziert auf Teufel komm raus, um Maximalprofit zu erzielen und seinen Konkurrenten auszustechen. Und dann ist der Katzenjammer groß, wenn man wieder in einer Überproduktionskrise landet, wie seit Mitte 2018 der Fall. Das wirft ein Schlaglicht auf die weltanschauliche Krise der Herrschenden und ihre dramatischen Auswirkungen auf die Menschen.
Die in Deutschland bisher noch sinkenden Inzidenzwerte sprechen dringend für einen sofortigen und konsequenten Lockdown, bevor man „evident“ auf die dritte Welle stößt. Wenn erst die dritte Welle rollt, wird es viel schwieriger, sie wieder zu stoppen. Die Zahl der Übertragungen steigt dann exponentiell, die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung wird immer größer, Kontaktnachverfolgungen werden schwieriger bis unmöglich.
Die Zeichen müssen auf Kampf stehen
Unter der scheinbar gemächlichen Oberfläche verschiedener Zugeständnisse an die Massen braut sich auch in Deutschland Dramatisches zusammen. Das fängt an beim Impfdesaster mit immer noch gerade mal drei Prozent Geimpften. Unverschämt missachtet die Regierung auch die Belange der Armen und Hartz-IV-Empfänger in der Corona-Krise, lässt viele Flüchtlinge in hochriskanten Sammelunterkünften vegetieren, statt sie dezentral in leerstehenden Hotels unterzubringen. In Köln führte das Anfang Februar zu einem verheerenden Corona-Ausbruch unter Bewohnern und Betreuern der Unterkunft in der Herkulesstraße.
Provokativ bestehen die Metall-Kapitalisten auf Lohn-„Nullrunden“. Thyssenkrupp-Stahlchef Bernhard Osburg fordert jetzt zusätzlich zur bereits geplanten Vernichtung von 3000 Arbeitsplätzen „weitere Personal- und Kostenmaßnahmen“. Betriebsbedingte Kündigungen schließt er ausdrücklich nicht aus, wenn die Belegschaft nicht „freiwillig“ zur Arbeitsplatzvernichtung und zum Abbau sozialer Rechte bereit ist.6 Hier sollen die Weichen auf eine verschärfte Abwälzung der Krisenlasten gestellt werden. Deswegen müssen die Zeichen auf Kampf stehen!
Notwendig – ein echter Lockdown
„Verhältnismäßig“ im Interesse der Massen ist ein sofortiger, konzentrierter und konsequenter Lockdown, wie ihn die MLPD fordert. Nur so können trotz Virus-Mutationen die Fallzahlen so weit heruntergedrückt werden, dass im Anschluss – nach etwa drei Wochen – jeder einzelne Fall nachverfolgt und eine neue Ausbreitung mit entschlossenen Maßnahmen verhindert werden kann. Länder wie Südkorea, Taiwan, Australien, Neuseeland oder Norwegen konnten durch konsequente Lockdown-Maßnahmen und Massentestungen die Inzidenzwerte auf unter zehn oder null drücken. Allerdings zumeist auf dem Rücken der Massen und verbunden mit restriktiven Maßnahmen, was vom Standpunkt der Pandemie-Bekämpfung unnötig und abzulehnen ist.
Auch wenn es weiterhin verschiedene Einschränkungen im Interesse der Allgemeinheit – wie die Einhaltung der AHA-Regeln – geben muss, sieht das Lockdown-Konzept der MLPD gerade keine drastischen Einschränkungen für die Massen vor. Soziale Beziehungen, Erholung und sportliche Betätigung werden weiterhin möglich sein. Jugendliche und Kinder werden unter Betreuung von Fachkräften, freiwilligen Helfern und mithelfenden Eltern in Klein- und Kleinstgruppen zusammengefasst. Sie ermöglichen Kontakt, Spiel, Sport und Lernen mit Gleichaltrigen. Arbeitern und Angestellten geschlossener Betriebe ist hundertprozentige Lohnfortzahlung zu gewähren. Eben „Betriebsferien für die ganze Republik“. Es gilt „Null Akzeptanz“ für jeden Versuch der Konzerne, das zum Vorwand für Arbeitsplatzvernichtung zu nützen. Die elementare gesellschaftliche Versorgung und Gesundheitsfürsorge wird selbstverständlich beibehalten.7
Dieses Konzept fußt auf einer systemischen dialektisch-materialistischen Untersuchung des Pandemie-Geschehens unter Einbeziehung des Sachverstands der Massen und zahlreicher Experten. Mit dieser Methode aktualisiert die MLPD laufend ihr seit März 2020 erschienenes wegweisendes Sofortprogramm zur Corona-Pandemie. Verschiedene ihrer Forderungen, die anfangs Minderheitsmeinung waren, werden in Verbindung mit einer bewusstseinsbildenden Kleinarbeit Schritt um Schritt zur Mehrheitsmeinung. So die Kritik am Impfchaos mit bürokratisch aufgeblähten Impfzentren statt wohnortnaher Impfung vor allem über Hausarztpraxen, der besondere Blick auf die Situation in den Betrieben oder die Kritik an der Schulpolitik mit der Forderung nach Teilung der Klassen. 25 Prozent der Bevölkerung forderten Mitte Januar strengere Corona-Schutzmaßnahmen.8
... auf Kosten der Profite
Den Aufruf „#ZeroCovid“ von 300 Wissenschaftlern zur Schließung von Fabriken, Büros, Betrieben, Baustellen und Schulen haben innerhalb von vier Wochen 100 000 Menschen unterschrieben. Die MLPD unterstützt diesen Aufruf kritisch. Er unterschätzt jedoch den notwendigen harten Massenkampf. Die Initiative „NoCovid“ spricht zwar auch von einer weitgehenden Ausrottung des Virus, lehnt aber ausdrücklich eine weitgehende Schließung der Betriebe ab. Als Gesicht von „NoCovid“ sieht die Virologin Melanie Brinkmann mittlerweile als Hauptziel, dass die jetzigen Maßnahmen nicht „frühzeitig gelockert werden“ – ist also brav auf Regierungslinie eingeschwenkt.9 Die zahnlosen „Oppositions“-Parteien Grüne und Linkspartei unterbreiten eigene „Lockerungsvorschläge“ und lehnen ebenfalls einen echten Lockdown ab. All das unterstreicht, dass man an das gesamte Pandemie-Geschehen konsequent vom Standpunkt der Interessen der Arbeiterklasse, der breiten Massen und der Natur herangehen muss.
Zu einem echten Lockdown – dazu noch auf Kosten ihrer Profite – sind die Monopole und die Regierenden niemals freiwillig bereit – egal wie wissenschaftlich wohlbegründet dies ist. Er kann nur im harten Kampf mit Massenprotesten und Streiks in den Betrieben durchgesetzt werden. Wie man Proteste so organisiert, dass sie nicht zur dritten Welle beitragen – damit haben die Arbeiterbewegung und andere fortschrittliche Bewegungen mittlerweile reichhaltige Erfahrungen.
In seiner Gesamtheit orientiert das Sofortprogramm der MLPD genauso wie ihr radikales Lockdown-Konzept darauf, was heute unter sozialistischen Vorzeichen möglich wäre: Statt kapitalistischer Konkurrenz gleichberechtigter internationaler Zusammenschluss. Gemeinsames Forschen und gegenseitiger Austausch über die weitestentwickelten Erkenntnisse zu Ursachen, Verlauf und therapeutischen Möglichkeiten im Kampf gegen die Pandemie. Radikale Unterwerfung der Produktion unter die Erfordernisse der Pandemiebekämpfung, schnellste Umstellung auf die erforderlichen Produkte von Masken bis Impfstoff. Demokratisch-zentralistisch organisierte Aufklärung, weltanschauliche Massendebatte, Massenmobilisierung und Förderung der Masseninitiative. Schlagkräftige Logistik, um in kürzester Zeit die gesamte Bevölkerung zu impfen. Das alles wäre heutzutage verhältnismäßig „leicht“ möglich – hätten wir keine Diktatur der Monopole, sondern die Diktatur des Proletariats!
Fortschrittlicher Stimmungsumschwung stärkt sich wieder
Längere Zeit war die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik von der Corona-Pandemie überlagert. Jetzt wendet sich das Blatt. Der Anteil derer, die Vertrauen in das Krisenmanagement der Regierung haben, ist stark gesunken, von 75 Prozent in der ersten Welle über 65 zu Beginn der zweiten, 59 kurz vor Weihnachten auf 49 Prozent Anfang Februar.10 Das geht damit einher, dass in den letzten Monaten auch die Arbeiterkämpfe zunahmen, unter anderem in der Stahlindustrie, bei Daimler oder Amazon. Von „Seebrücke“ oder dem Freundeskreis Flüchtlingssolidarität initiierte Proteste richten sich gegen erneute Sammelabschiebungen nach Afghanistan oder die katastrophalen Zustände im Lager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos.
Die ultrareaktionäre, faschistoide AfD will die Kritik am Krisenmanagement der Regierung demagogisch auf ihre Mühlen lenken und verhindern, dass sich daraus ein Kampf mit gesellschaftsverändernder Perspektive entwickelt. Dazu gibt sie sich scheinheilig als Sachwalterin der berechtigten Proteste aus. In einem gemeinsamen Thesenpapier behaupten die AfD-Fraktionen in Bundestag und Länderparlamenten, es reiche völlig aus, „die Alten zu schützen“. Damit wird eiskalt in Kauf genommen, dass sich Millionen Menschen aus anderen Altersgruppen mit Corona infizieren, schwer krank werden oder sterben. Diese massenfeindliche Position ist interessanterweise fast wortgleich auch die Position der FDP! Im Interesse der kapitalistischen Produktion sind diese Leute gerne bereit, über die Leichen von Zehntausenden zu gehen.
Jetzt für die MLPD entscheiden!
Immer mehr Menschen spüren den Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Möglichkeiten und der Realität des bürgerlichen Krisenmanagements. Umso wichtiger ist es jetzt, die Überlegenheit der sozialistischen Alternative deutlich zu machen. Das rückt ins Zentrum einer intensiven bewusstseinsbildenden Arbeit der MLPD mitten in der Corona-Pandemie. Sie entscheidet darüber, wie sich der Stimmungsumschwung gegen das Krisenmanagement zu einem entschlossenen Kampf für Sofortmaßnahmen höherentwickelt und wie er sich dazu mehr und mehr mit der revolutionären Perspektive verbindet.
Wer an dieser verantwortungsvollen Tätigkeit mitwirken will, kann dies am besten als Mitglied der MLPD. Eine solche Kleinarbeit ist auch unter Corona-Bedingungen möglich. Die MLPD nimmt den Gesundheitsschutz außerordentlich ernst und hat ihre Organisationsarbeit mit Kleingruppen und weitgehenden Schutzmaßnahmen umgestellt. Sie fördert die Selbstorganisation der Massen auf den verschiedensten Feldern. Organisiert euch in der MLPD – gerade jetzt!