Rote Fahne 06/2022
Droht eine weitere weltweite Hungerkrise?
Die Ukraine gehört weltweit nicht nur zu den größten Weizenexporteuren, sondern auch zu den größten Gerste- und Mais-Exporteuren
Die Ukraine ist der weltweit wichtigste Produzent von Sonnenblumen und Sonnenblumen-Schrot (61 Prozent Weltmarktanteil). Der größte Weizen-Exporteur ist Russland. Ukraine und Russland zusammen liefern ein Viertel des weltweit gehandelten Weizens. Ein Ausfall oder Teilausfall hätte also gravierende Folgen. Die Weizenpreise lagen an der Börse Anfang Januar 2021 bei rund 220 Euro je Tonne, aktuell durch den Krieg explodierten sie regelrecht auf zeitweise über 400 Euro! Für die neue Weizenernte im Juli 2022 liegen Börsenpreise bei 320 Euro pro Tonne.
Lebensmittelpreise steigen weltweit
Die gegenwärtig weltweit steigenden Lebensmittelpreise sind erst der Anfang, weil steigende Energie- und damit Agrarrohstoffpreise erst in den kommenden Monaten und bei der kommenden Ernte richtig durchschlagen werden. Eine Hungerkrise nie gekannten Ausmaßes ist zu befürchten, zumal bereits die jetzige Weltwirtschafts- und Finanzkrise zusammen mit der Corona-Pandemie zu einer gestiegenen Zahl von Hungernden und Unterernährten geführt hat. Der Krieg in der Ukraine verschärft diese Entwicklung ungemein.
Steigende Energiepreise verteuern Agrarprodukte
Bereits seit Mitte 2021 stiegen die Preise für Agrarrohstoffe auf dem Weltmarkt, angetrieben durch steigende Energiepreise. Der FAO-Preisindex für weltweit gehandelte Agrarprodukte wie Getreide, pflanzliche Öle, Fleisch- und Milchprodukte lag im Februar auf Rekordniveau – höher als 2008, dem Jahr vor der damaligen Weltwirtschafts- und Finanzkrise, als es zu Hungeraufständen kam.
Die hohen Energiepreise führen weltweit zu enormen Verteuerungen, insbesondere auch von Stickstoffdüngemitteln. Deren Produktion hängt zu 90 Prozent vom Erdgaspreis ab. Die Ukraine ist ein großer Produzent von Harnstoff, dem weltweit am meisten gehandelten Stickstoffdünger.
Die Preise haben sich verdreifacht. Konnte ein mittelgroßer Landwirtschaftsbetrieb in Deutschland im letzten Jahr seinen Stickstoffdünger-Bedarf noch für rund 5000 Euro einkaufen, muss er aktuell 15.000 Euro bezahlen. Allein das ist für viele Klein- und Mittelbauern im Grunde nicht bezahlbar.
Arme Länder Afrikas und Asiens besonders betroffen
Ein größerer Ausfall kann nur zum Teil durch andere Regionen kompensiert werden. Das ist aber von vielen Unsicherheiten bedroht, vor allem vom weiteren Übergang in die drohende globale Umweltkatastrophe mit einer Zunahme von Dürren.
Die Weizen-Exporte aus der Ukraine und Russland gehen vor allem in Länder Afrikas und des Nahen Ostens. Das Landwirtschaftsministerium der USA (USDA) geht bereits von sinkenden Importen dieser Länder aus, weil manche die Preise nicht bezahlen können.
Darunter sind Länder in Nord- und Ostafrika oder aber Afghanistan und Jemen. Dort haben die aktuellen Kriege bereits zu dramatischen Hungerzuständen geführt.
Viele Schiffe liegen zur Zeit in den Häfen der Ukraine und können wegen des Krieges nicht auslaufen. Für die Frühjahrs-Aussaat besteht die Gefahr, dass sie wegen Militäroperationen nicht stattfinden kann, oder weil Diesel für das Militär abgegeben werden musste. Diese Behinderungen würden vor allem die Aussaat von Sommergetreide und Mais treffen.
All das treibt die Preise nach oben. Hinzu kommt noch die Spekulation an den Börsen! Und die ganz „normale Spekulation“ des Handels.
Aktuell wird argumentiert, die Lebensmittelpreise würden steigen wegen der Erzeugerpreise der Bauern. Die meisten Klein- und Mittelbauern mussten aber ihre Getreideernte bereits im Sommer 2021 verkaufen. „Ich habe 17 Euro je 100 Kilogramm gekriegt“, sagt uns ein Bauer vom Niederrhein. Die Bäcker müssen zurzeit bereits 37 Euro je 100 Kilogramm für das Mehl zahlen. Hier machen Handel und Mühlen bereits saftige Aufschläge. Jeder orientiert sich an den aktuell höchsten Preisen. Der Erzeugerpreis von Weizen liegt anteilsmäßig in Brot und Brötchen gerade mal bei 7 Prozent!
Kampf dem weltweiten Hunger und der Spekulation mit Lebensmitteln!
Gegen jede imperialistische Aggression!
Stoppt den Krieg in der Ukraine!