Rote Fahne 14/2022

Rote Fahne 14/2022

MLPD – aktive Kraft im Friedenskampf der 1980er-Jahre

Die MLPD feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Um diese Erfolgsgeschichte lebendig werden zu lassen, veröffentlichen wir in den nächsten Magazin-Ausgaben Artikel über wesentliche Seiten der Parteiarbeit

Von Witten (Korrespondenz)
MLPD – aktive Kraft im Friedenskampf der 1980er-Jahre
Könnte von heute sein – ist aber eine Rote Fahne Karikatur von 1981

Die ersten drei Jahre nach der Parteigründung 1982 standen im Zeichen einer erhöhten Weltkriegsgefahr und einer Weltwirtschaftskrise. Ungeachtet der Genfer Friedens- und Abrüstungsverhandlungen war eine weltweite Friedensbewegung entstanden. Ihren Höhepunkt erreichte sie 1983 mit 35 Millionen Menschen.

 

In Deutschland war der von Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) 1979 persönlich initiierte NATO-Doppelbeschluss mit ein Grund für seine vorzeitige Abwahl im Herbst 1982. Die Massenbasis der SPD war eingebrochen, immer mehr Sozialdemokraten reihten sich ein in die wachsende Friedensbewegung. Führende Vertreter wie Jo Leinen, Ziehsohn von Oskar Lafontaine, gelangten in Führungspositionen und so auch ihr imperialistischer Pazifismus. Bundeskanzler Kohl (CDU) startete eine innenpolitische Offensive einer „geistig-moralischen Wende“, Verteidigungsministe Manfred Wörner (CDU) blies zu einer „Schlacht ums Bewusstsein der Menschen zugunsten der hergebrachten Zielsetzung der NATO“. Jugendoffiziere überschwemmten die Schulen, öffentliche Vereidigungen machten Werbung für den Militarismus, die Wehrpflicht sollte auf 18 Monate ausgedehnt werden.

 

Orientierung auf die Arbeiterklasse

 

Die MLPD konzentrierte deshalb ihre Kräfte auf den Friedenskampf, durfte aber ihre Hauptkampflinie in Betrieb und Gewerkschaft und den Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten nicht vernachlässigen. An 31 Orten informierte von April bis Juni 1983 eine zentrale Veranstaltungsreihe zu „Aufgaben und Perspektiven des Friedenskampfs“. Gleich die erste am 13. April in München stellte klar: „In erster Linie sehen wir unsere Aufgabe in der Mobilisierung der Arbeiterklasse in den Großbetrieben, die treibende und tragende Kraft der Friedensbewegung zu werden. … Ohne Verbindung des Friedenskampfs der Arbeiter mit ihrem Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit und soziale Demontage, ohne Verschärfung des Klassenkampfs, ohne die Angst der Monopole, die Arbeiter könnten sich dem Sozialismus zuwenden, wird der Bonner Rechtsblock nicht bereit sein, von seinen Atomkriegsplänen abzulassen.“1   

 

Unser Rüstzeug dabei war die Anfang 1983 herausgegebene Schrift „Krieg und Frieden und die sozialistische Revolution“ von Willi Dickhut2. Sie entlarvte die Genfer Verhandlungen als Täuschungsmanöver. Sicherheit vor dem Atomtod gibt es nur bei vollständiger Vernichtung aller Atomwaffen, was nur durch eine Verschärfung des proletarischen Klassenkampfs zu erreichen ist. Ein dritter Weltkrieg kann und muss verhindert werden, er bedroht die Existenz der Menschheit. Um Kriege aber überhaupt abzuschaffen, muss weltweit der Sozialismus erkämpft und der Imperialismus abgelöst werden. Mit diesem Kompass im Gepäck waren unsere Genossinnen und Genossen selbst unter komplizierten Bedingungen in der Lage, sich selbständig zu orientieren und andere zu überzeugen, auch wenn viele Friedensfreunde unsere Konzentration auf die Arbeiterklasse nicht nachvollziehen konnten.

 

Initiative für ein Volksbegehren

 

Ende Mai wurde bekannt, dass die Verteidigungsminister Wörner (BRD) und Weinberger (USA) die Stationierung der atomaren Mittelstreckenraketen bereits konkret abgesprochen hatten. Gleichzeitig wuchs die Ablehnung in der Bevölkerung. Da gab die MLPD mit einem Rote Fahne Extra am 28. Mai 1983 die Losung aus: „Jetzt Widerstand gegen den Atomtod!“ Wir unterstützten dabei den Gedanken eines Volksbegehrens für Volksentscheid, der vereinzelt schon in der Friedensbewegung aufgetaucht war. Erstmals in einem größeren Kreis hatten wir ihn auf der 3. Aktionskonferenz am 16./17. April 1983 in Köln und dann vom 9. bis 15. Mai 1983 in Westberlin auf der 2. Konferenz für Europäische Atomare Abrüstung vorgestellt. Eine international besetzte Arbeitsgruppe Volksentscheid, in der auch die MLPD mitarbeitete, präsentierte einen 11-Punkte-Vorschlag mit dem Ziel einer europäisch koordinierten Friedenskampagne für einen Volksentscheid oder eine Volksabstimmung.

 

Parlamentarischer Weg oder Druck von unten

 

In diesem Sinne beschlossen 350 Teilnehmer aus 50 verschiedenen Organisationen auf einer bundesweiten Konferenz in Hannover am 12. Juni 1983 den Startschuss für eine Kampagne zur Volksbefragung. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass sich die Friedensbewegung verändern muss. Dabei standen sich im Kern zwei Auffassungen gegenüber: Orientierung auf den parlamentarischen Weg oder Druck von unten. „Ohne Parlament läuft hier gar nichts“, so ein Vertreter der Grünen. Und ein Referent beim Parteivorstand der DKP wollte vor allem Prominente und Abgeordnete gewinnen. Demgegenüber stand die Orientierung auf die Bewegung von unten, denn nur der Druck der Volksmassen kann die Regierenden zwingen, ihre Atompläne aufzugeben. Diesen Standpunkt vertraten vor allem die Vertreter aus betrieblichen Friedensinitiativen und die MLPD. In den ersten 15 Wochen wurde eine halbe Million Unterschriften gesammelt, über 1000 Friedensinitiativen unterstützten im ganzen Bundesgebiet die Kampagne.