Rote Fahne 14/2023
Millionen Kumpel und Antiimperialisten werden eine Macht für die Zukunft der Menschheit
Auf der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz vom 31. August bis zum 3. September und dem anschließenden Weltkongress der antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront kommt zusammen, was zusammengehört: die Bergleute, ihre Familien und Unterstützer, die Bergarbeiterfrauen und alle Kämpferinnen und Kämpfer gegen den Imperialismus. Es sind zwei getrennte Konferenzen, die sich gegenseitig unterstützen, bereichern und zusammen die gemeinsame Organisation von Verpflegung bis Übersetzung stemmen. Worin aber besteht die Gemeinsamkeit?
Der Bergbau ist heute weltweit so wichtig wie nie. Im Jahr 2021 wurden weltweit 17,9 Milliarden Tonnen produziert – nahezu doppelt so viel wie noch 1985. Die kapitalistische Produktion lechzt für ihren Maximalprofit, für Macht und Einfluss nach immer mehr Rohstoffen. Sei es für Elektroautos, Computer-Hardware oder eine verschwenderische Überproduktion. Gleichzeitig wird in Deutschland medial so getan, als ob der Bergbau tot sei, nur noch als Folklore, Halden und Industriedenkmäler vorhanden. Tatsächlich wurde mit dem Ende des Steinkohlebergbaus und der Flutung der Zechen in Deutschland eine der modernsten und sichersten Untertage-Industrien der Welt zerstört.
Doch entgegen der gängigen Meinung gibt es auch in Deutschland noch viele Bergwerke – Braunkohle-Tagebaue, Kali- und Salz-Gruben sowie Bergwerke, in denen Minerale abgebaut werden. Vor allem wird mit der „Zeitenwende“ auch eine neue Rohstoffpolitik eingeleitet: Es sollen neue Zechen in Deutschland aufgebaut werden, um sich „unabhängig“ – vor allem von Russland und China zu – machen.
Die Bergleute in Deutschland gehören zu den über 50 Millionen Bergleuten, die es heute weltweit gibt. Und für das Ruhrgebiet und das Saarland gilt: Die Bergleute, ihre Familien und ihre Kultur sind lebendig. Ihre revolutionäre Tradition ist heute, morgen und übermorgen wertvollster Lehrstoff für die ganze Arbeiterbewegung! Es ist eine Bewegung entstanden von (ehemaligen) Bergleuten und den Menschen aus den Bergbauregionen, die gemeinsam kämpfen gegen eine Politik der verbrannten Erde der Ruhrkohle AG (RAG).
Machtkampf um Rohstoffe verschärft sich
Aus den Bergleuten der Welt und der Natur pressten alleine die 40 größten Bergbauunternehmen im Jahr 2020 545 Milliarden Dollar Profit.² Der Bergbau steht am Beginn fast jeder Produktion, für die er die Grundzutaten liefert. Darum ist ein heftiger Konkurrenzkampf entbrannt. Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung benennt 46 strategische Rohstoffe – von Aluminium bis Zinn. Diese strategischen Rohstoffe sind sehr ungleich auf der Welt verteilt. So produziert China 96 Prozent der weltweiten Menge an Gallium, die Türkei 91 Prozent des Bors, Südafrika 84 Prozent des weltweiten Rhodiums, Australien 82 Prozent des weltweiten Lithiums und Brasilien 88 Prozent des weltweiten Niobs.
Der imperialistische Konkurrenzkampf darum geht bis zum Krieg um rohstoffreiche Gebiete. Zugleich wird die Ausbeutung von Bodenschätzen immer rücksichtsloser gegenüber Mensch und Natur betrieben. Das reicht von der Vergiftung ganzer Landstriche oder dem vollständigen Sprengen von Bergkuppen über die Vertreibung von Ureinwohnern, den gefährlichen Kleinbergbau bis zur Wasserverschwendung.
Diese Entwicklung ist Teil der Verschärfung der allgemeinen Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems und seiner beschleunigten Destabilisierung. Sie äußert sich in der strategischen Rivalität zwischen USA und China, der Brutalisierung der Kriegsführung im Ukrainekrieg in Verbindung mit der atomaren Weltkriegsgefahr, einer Abschaffung bereits erkämpfter Frauenrechte sowie dem Überschreiten irreversibler Kipppunkte in der begonnenen globalen Umweltkatastrophe. Und überall begehren Menschen dagegen auf! Überall entbrennt zugleich ein heftiger weltanschaulicher Kampf, in welche Richtung Unmut und Protest gehen.
Die Zahl der Bergleute wächst gerade auch im Bereich des handwerklichen und Klein-Bergbaus – in dem ein Drittel Frauen arbeiten¹. In bis zu 100 Meter tiefen Löchern werden unter ständiger Lebensgefahr mit einfachsten Mitteln Erze, Minerale und Edelsteine gefördert. Diese Produktion ist keineswegs von der Produktion der Monopole getrennt. Die Monopole kaufen auch deren Förderung auf, die dann in Smartphones und Autos landet.
Der Bergbau ist längst nicht mehr nur die Sache der Bergleute, sondern aller Menschen, die sich gegen imperialistische Zerstörung wehren. Umgekehrt übernehmen die fortschrittlichsten Bergleute Verantwortung für den Schutz der Natur und die Durchsetzung sicherer Arbeitsbedingungen. Die Bergleute haben als kämpferischster und radikalster Teil des internationalen Industrieproletariats eine besondere Verantwortung, für eine sozialistische Gesellschaft zu kämpfen, in der die Forderung von Karl Marx und Friedrich Engels, „alle Bergwerke, Gruben usw. werden in Staatseigentum umgewandelt“³, Wirklichkeit wird. Und zwar zum Nutzen der großen Mehrheit und nicht mehr für eine kleine reiche Minderheit.
Der Weltkongress der antiimperialistischen Einheitsfront bringt all diese Diskussionen und Kämpfe zusammen, damit sie nicht isoliert bleiben, sondern gemeinsam stark werden – stärker als das imperialistische Weltsystem. Ausschlaggebend ist das Rückgrat des internationalen Industrieproletariats als führende Kraft.
Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter!
Dazu müssen die Arbeiter aber auch mit allen Spaltungsversuchen fertig werden. Die AfD und auch weitere, offene Faschisten konzentrieren sich nicht zufällig auf die Bergleute in Thüringen. Die beiden Konferenzen finden genau in dem Landkreis statt, in dem gerade zum ersten Mal ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt wurde.
Wohin die von der AfD geforderte Politik „Deutschland zuerst“ führt, sieht man in der Ukraine. Nach dem Motto „Russland zuerst“ hat Putin einen verheerenden Krieg entfacht, genauso wie der US-Imperialismus für seine Interessen Kriege in der ganzen Welt anzettelt. Darunter leiden die Arbeiter und breiten Massen in beiden Ländern – für sie kann es nur heißen: Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter! In den thüringischen Schächten missbrauchen AfD und Faschisten die Bergmannskultur, die von ihnen völkisch gedeutet und gepflegt wird. Das kann kein Kumpel auf sich sitzen lassen. Die proletarische und revolutionäre Tradition des Zusammenhalts und der Kameradschaft war der Garant für die erfolgreichen Kämpfe und Prägung der Kumpel!
Ort für Erfahrungsaustausch und Verbrüderung
Im rheinischen und brandenburgischen Braunkohletagebau glauben viele Bergleute die Versprechungen vom „Strukturwandel“ nicht. Es werden aber trügerische Hoffnungen auf den ernsthaften Einsatz der Herrschenwden für alternative Energien geweckt, die angeblich von RWE und der LEAG⁴ in Zukunft betrieben würden. Ganz ähnliche Fragen mussten sich die Kumpel im Ruhrgebiet bei den Zechenschließungen, beantworten, um in die Offensive zu gehen, gegen die „Politik der verbrannten Erde“ der RAG oder gegen die Grundwasserverseuchung im Saarland. Teilweise verfängt die Propaganda von der Energieknappheit wegen des Ukrainekriegs. Zu all diesen komplizierten Fragen ist die Bergarbeiterkonferenz Ort und Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch! Dabei ist bemerkenswert, dass die Gastgeberinitiative Kumpel für AUF zur Bergarbeiterkonferenz auch Delegationen der verschiedensten Branchen eingeladen hat, genauso wie Vertreterinnen und Vertreter der Frauen- und Umweltbewegung.
Das Spektrum der Einheitsfront reicht von einer Frauenorganisation aus Burkina Faso, einer Umweltorganisation aus Peru, über kämpferische Gewerkschafter aus Bangladesch, revolutionäre Organisationen aus der ganzen Welt bis hin zu Vertretern der palästinensischen Befreiungsbewegung, einer Organisation der Landfrauen aus Tunesien sowie fortschrittlichen Musikern aus den USA. Es kommen ständig neue Anmeldungen.
Auch angesichts der begonnenen globalen Umweltkatastrophe müssen gemeinsame konkrete Forderungen von Arbeiterbewegung und kämpferischer Umweltbewegung vereinheitlicht werden. Bereits die 1. Internationale Bergarbeiterkonferenz in Arequipa/Peru hatte in ihrer Gründungsresolution wegweisend beschlossen: „Wir lassen es nicht länger zu, dass der Schutz der natürlichen Umwelt und unsere Arbeitsplätze von den Bergbaumonopolen und den ihnen unterworfenen Regierungen gegeneinander ausgespielt werden!“ Als Existenzfrage steht heute auf der Tagesordnung, dass sich die Völker nicht gegeneinander in einen Dritten atomaren Weltkrieg hetzen lassen oder tatenlos der begonnenen globalen Umweltkatastrophe zusehen. Internationale Arbeitereinheit, proletarischer Internationalismus für den echten Sozialismus und antiimperialistische Einheit sind das Gebot der Stunde.