Rote Fahne 02/2024

Rote Fahne 02/2024

Ein Ruhmesblatt der österreichischen Arbeiterbewegung

Vor 90 Jahren – im Februar 1934 – gab es eine bewaffnete Erhebung gegen den Faschismus in Österreich.

Von dk
Ein Ruhmesblatt der österreichischen Arbeiterbewegung
Der Karl-Marx-Hof in Wien ist das berühmteste Beispiel der sozialdemokratischen Wohnungsbaupolitik, mit der die Arbeiter durch Reformen an das kapitalistische System gebunden werden sollten. Vor 90 Jahren wurden die Gemeindebauten in Wien Brennpunkte des bewaffneten Widerstands gegen den Austrofaschismus von Engelbert Dollfuß. Seit 1985 heißt der Hof der Anlage in Erinnerung an den Arbeiteraufstand "12.-Februar-Platz".

Wie kam es in den 1930er-Jahren zum Faschismus? Was lernen wir aus dem damaligen Widerstand angesichts der heutigen internationalen Rechtsentwicklung?

 

Die 1929 begonnene Weltwirtschaftskrise hatte die Herrschaft des Imperialismus erschüttert. Um die Gegenwehr der Massen zu unterdrücken, förderte das Monopolkapital in verschiedenen europäischen Staaten faschistische Bewegungen. In Deutschland wurde Hitler auf Wunsch des Kapitals im Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt. Im März 1933 schaltete Bundeskanzler Engelbert Dollfuß von der Christlichsozialen Partei in Österreich das Parlament aus und setzte dessen Selbstauflösung durch. Konkreter Auslöser dazu war eine gescheiterte Abstimmung über die Auszahlung der Löhne der österreichischen Eisenbahner, die zuvor gegen Lohnraub gestreikt hatten. Der Austrofaschismus etablierte sich nach dem Vorbild des italienischen faschistischen Regimes Mussolinis. Alle Parteien wurden verboten, politische Gegner Dollfuß‘ wurden verhaftet, teils ermordet.

Verrat der SPÖ-Führung

Die österreichische Arbeiterbewegung war weitestgehend von der Sozialdemokratie beherrscht, die im „Roten Wien“ mit Zweidrittelmehrheit regierte. Wie die SPD in Deutschland hatte auch die SPÖ 1918 die sozialistische Revolution verraten und nach dem Sturz der Habsburger Monarchie statt einer sozialistischen Räterepublik die Bildung einer bürgerlichen parlamentarischen Demokratie unterstützt. In ihrem Linzer Programm von 1926 verbreitete sie die Illusion eines zukünftigen friedlichen Übergangs zum Sozialismus anstelle einer Revolution: „Sie erobert durch die Entscheidung des Allgemeinen Wahlrechts die Staatsmacht.“

 

Legendär wurde die Wohnungspolitik der SPÖ mit der Errichtung der Gemeindebauten in Wien. Die Bindung der Wohnungsvergabe an das Parteibuch wurde ein wesentliches Mittel, die Arbeiter von einer Hinwendung zur KPÖ abzuhalten. Im Unterschied zu Deutschland oder Frankreich blieben die Kommunisten eine kleine, relativ isolierte Organisation.

Arbeiter greifen zu den Waffen

Mit dem Republikanischen Schutzbund verfügte die SPÖ über eine paramilitärische Einheit, doch die Parteiführung setzte sie gegen die Errichtung des Faschismus nicht ein. Parteiverbot und Verbot der Arbeiterpresse wurden widerstandslos hingenommen. Doch als am 12. Februar 1934 die als Hilfspolizei eingesetzte faschistische „Heimwehr“ in Linz das Parteigebäude der SPÖ nach Waffen durchsuchte, widersetzten sich die Schutzbündler unter der Führung ihres Kommandanten Richard Bernaschek. Gegen den Willen der SPÖ-Führung griffen davon ausgehend nun die Arbeiter im ganzen Land zu den Waffen und es kam zum Bürgerkrieg. In Wien und weiteren Industriestädten – Steyr, St. Pölten, Weiz, Graz und Kapfenberg – wurde wurde mehrere Tage lang heftig gekämpft. Zentren des Widerstands wurden auch die Arbeiterheime und Gemeindebauten in Wien.

 

Gegen die militärische Übermacht des Bundesheeres und der „Heimwehr“ mussten die Arbeiter jedoch unterliegen, zumal sie international keine Unterstützung erhielten. Unter den Schutzbündlern gab es etwa 200 Tote und über 300 Verwundete, aufseiten der Staatsmacht 128 Tote und 409 Verletzte.

Einführung der Todesstrafe

Dollfuß setzte nach dem Ende der Kämpfe eine Verhaftungswelle in Gang und führte die Todesstrafe ein. Neun Schutzbündler, unter ihnen der bekannte Arbeiterführer Koloman Wallisch, wurden standrechtlich verurteilt und gehenkt. Der Austrofaschismus, der sich gegen den von Hitler angestrebten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich sperrte, versuchte, sich noch stärker mit dem italienischen Faschismus zu verbünden.

 

Trotz der Niederlage verbreitete sich unter den Arbeitern jedoch keineswegs allgemeine Depression: Ganze Schutzbundeinheiten traten in die KPÖ ein, ihnen hatte der erneute Verrat der SPÖ-Führung die Augen geöffnet. Die Losung „Wir kommen wieder“ verbreitete sich und ihre Verwirklichung konnte nur durch den Einmarsch der Hitlertruppen 1938 und die Annexion Österreichs verhindert werden.

 

Wenn die Rote Fahne im August 2023 titelte: „Sozialismus statt AfD und Rechtsentwicklung“, ist dies auch eine Lehre aus dem antifaschistichen Kampf der österreichischen Arbeiter 1934. Es muss ins Denken eindringen, dass die Wegbereiter des Faschimus ihre Wurzeln im Kapitalismus haben und daher das sozialistische Ziel der Arbeitermacht die grundsätzliche Lösung darstellt. So wie die Arbeiter sich damals über den Verrat der sozialdemokratischen Führung hinwegsetzen mussten, so müssen sie heute mit dem Betrug und der Unterdrückung durch die „rotgrüne“ Regierungpolitik fertig werden, um der faschistischen Gefahr wirksam entgegenzutreten!