Rote Fahne 08/2025
1919: Meuterei der französischen Schwarzmeerflotte
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs begann die Intervention der Imperialisten gegen die russische Revolution. Frankreich sollte die Ukraine unterwerfen – doch der Mut der französischen Matrosen und Soldaten trug maßgeblich dazu bei, die konterrevolutionäre Intervention nach nur fünf Monaten zu beenden.
Während die Briten über den Kaukasus und Murmansk und die US-Amerikaner mit den Japanern von der Pazifikküste vorrückten, sollte Frankreich mithilfe seiner Flotte vor allem gegen die Ausbreitung der Revolution auf die Ukraine vorgehen. Ende Dezember 1918 waren Odessa sowie die Krim besetzt und Mitte Februar hatten die unter dem Oberbefehl des französischen Generals d’Anselme stehenden alliierten Truppen in der Ukraine und Südrussland die Stärke von 150 000 Mann erreicht, darunter 50 000 in Odessa, Cherson und Sewastopol.
Die Kommunisten in Odessa begannen sofort mit der Überzeugungsarbeit gegenüber den Besatzungssoldaten. Französische Mitglieder des ausländischen Kollegiums beim illegalen Parteikomitee in Odessa betrieben aktiv schriftliche und mündliche Propaganda. Das Parteikomitee gab sogar unter dem Titel „Kommunist“ ein spezielles Organ in russischer und französischer Sprache heraus.
Unter den französischen Soldaten waren selbst viele Revolutionäre, die schon jahrelang unter schwierigsten Bedingungen gegen den imperialistischen Krieg agitiert hatten. Besonders bei den Matrosen hatten sozialistische Ideen Fuß gefasst, aber auch im Heer waren sie weit verbreitet. Die Oktoberrevolution verfolgten sie mit Sympathie und Begeisterung. Und nun sollten sie dagegen vorgehen?
Im Februar 2019 meuterte das 58. Infanterieregiment, zahlreiche französische Soldaten und Matrosen verbrüderten sich mit den Bolschewiken. Im März 1919 schloss sich das 176. Infanterieregiment in Cherson an und nahm Kontakt zu den Matrosen vor Sewastopol auf. Als die Mitglieder des ausländischen Kollegiums der Kommunistischen Partei entdeckt wurden, ließ die französische Generalität sie in der Nacht auf den 2. März ermorden. Das empörte die Soldaten und Matrosen nur noch mehr. Unter diesen Umständen musste Odessa Anfang April geräumt > werden. Das Oberkommando wollte zumindest die Krim halten und von dort eine Gegenoffensive vorbereiten.
„France“ und „Jean Bart“ hissen die rote Flagge
Am 20. April handelten die Matrosen: Unter den Losungen „Nieder mit dem Krieg“ und „Schluss mit dem Mord an Kindern und Frauen“ übernahmen sie die Kontrolle der vor Sewastopol liegenden französischen Schlachtschiffe „France“ und „Jean Bart“. Am Morgen hissten sie die rote Flagge, stellten sechs Forderungen auf (siehe Kasten) und sendeten Delegationen zu anderen Schiffen. Matrosen demonstrierten mit Bannern und Fahnen in Sewastopol und wurden beschossen; ein Matrose vom Schlachtschiff „Vergniaud“ fand dabei den Tod. Dann wurde auch auf der „Vergniaud“ die rote Flagge gehisst und nur Stunden später auf den Schlachtschiffen „Mirabeau“ und „Justice“. Somit befanden sich fünf Schlachtschiffe am Abend des ersten Tages in den Händen der Meuterer.
Am 27. April wählten sie auf dem Schlachtkreuzer „Waldeck-Rousseau“ einen Sowjet.¹ Der Kommandeur der französischen Schwarzmeerflotte, Vize-Admiral Jean-François-Charles Amet, musste verhandeln und stimmte dem Abzug der französischen Interventionstruppen zu. Sogar Straffreiheit für die Meuterer versprach er, um die Stimmung zu beruhigen. Am 29. April zogen die französischen Truppen aus Sewastopol ab.
Wortbruch der Admiralität
Zurück auf französischem Boden in Toulon brachen die Admiräle ihr Wort und ließen die Anführer der Meuterer sowie etwa hundert Matrosen verhaften. Sie wurden zu langjährigen Freiheitsstrafen oder zum Tod verurteilt.
Der Matrosenaufstand brach jetzt in der gesamten Flotte aus. Klassenbewusste Arbeiter bewaffneten sich und standen den Matrosen bei: In mehreren Hafenstädten brachen Kämpfe von Matrosen und Arbeitern mit regierungstreuen Truppen aus. Aufstandsähnliche Zustände entstanden in Teilen des Landes. Dann riefen die Gewerkschaften am 1. Mai in Paris zum Generalstreik und zu Demonstrationen auf. Die Regierung Clemenceau verhängte den Belagerungszustand über Paris und setzte nun rücksichtslos regierungstreue Truppen auch gegen demonstrierende Arbeiter ein. Mit brutaler Gewalt und auch einigen Zugeständnissen konnten die Unruhen schließlich beendet werden. In Toulon dauerte die Meuterei auf den Schlachtschiffen „Provence“ und „Condorcet“ allerdings noch bis Mitte Juni 1919.
Internationale Verbrüderung beendet den Krieg
Auch wenn die aufstandsähnlichen Unruhen, die der Meuterei folgten, nicht zur erfolgreichen Revolution auch in Frankreich führten – der französische Imperialismus erlitt eine schwere Niederlage und musste sich vollständig aus den Gebieten der zukünftigen Sowjetunion zurückziehen. Die Meuterei beendete den französischen Krieg gegen die Bolschewiki. Sie zeigt auf beeindruckende Weise, dass die internationale Verbrüderung der Arbeiter – mit oder ohne Uniform – den Kriegstreibern erfolgreich in den Arm fallen kann.
Die Forderungen der Matrosen
- Die Forderungen der Matrosen:
- Sofortige Rückkehr nach Frankreich
- Verbesserung der Verpflegung
- Aushang aller empfangenen Nachrichten in den Batterien
- Demobilisierung der Reservisten
- Sofortige Ausschiffung des Waffenkapitäns
- Ordentliche Beurlaubungen