Buchvorstellung mit Stefan Engel und anschließendes Klößeessen
„Werdet selbst schöpferische Anwender des dialektischen Materialismus“
Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, begrüßte anfangs zum neuen Veranstaltungsformat am Sonntagmorgen.
Sonntags gemeinsam zu essen und zu philosophieren über „Gott und die Welt“ ist eine gute Tradition. Doch statt am Sonntagvormittag in die Kirche zu gehen, danach die Männer zum Frühschoppen und den Frauen das Kochen zu überlassen, stehe bei den Marxisten-Leninisten der dialektische Materialismus im Zentrum und die Thüringer Klöße können Frauen und Männer gemeinsam genießen. Dazu hatte das Team von Schacht III sich extra in Thüringen zur Herstellung ausbilden lassen. Das neue Veranstaltungsformat fand ein überwältigendes Interesse mit an die 500 Besuchern. Der Kultursaal platzte aus allen Nähten und die Veranstaltung erhielt sogar eine "Außenübertragung", damit alle Interessierten zuhören konnten.
Gabi Fechtner hieß den Leiter des Redaktionskollektivs REVOLUTIONÄRER WEG, Stefan Engel, Willkommen zur Vorstellung seines Buches „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“, das als dritter Teil der Reihe „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und die Lehre von der Denkweise“ druckfrisch erschienen ist. Als Arbeitertheoretiker hat er umfangreich den dialektischen Materialismus studiert, war 37 Jahre lang Vorsitzender der MLPD und kann als Teamplayer über 100 Mitarbeiter in die Erstellung eines solchen wissenschaftlichen Buches einbeziehen. Auf den 160 Seiten wurden sicherlich 20.000 Seiten Material verarbeitet, wofür ein umfassender kollektiver Diskussionsprozess mit diversen Seminaren, Einzelgesprächen und großer Selbstveränderung aller Beteiligter entwickelt wurde.
Warum gerade jetzt ein Buch zu Naturwissenschaften?
Zunächst ging Stefan Engel darauf ein, warum die MLPD ausgerechnet jetzt ein Buch zur Naturwissenschaft herausgibt. Bei dem Krisengeschehen auf der Welt dränge sich das nicht auf den ersten Blick auf. Im Buch heißt es: „Gegenüber der herrschenden bürgerlichen Ideologie hat sich überall auf der Welt in den letzten Jahren ein kritischer Geist entfaltet, kaum jedoch noch gegenüber den Naturwissenschaftlern! Die Rolle von Naturwissenschaft und Technik ist im Alltag der Gesellschaft deutlich gewachsen.“ Allerdings trüben allerlei idealistische und metaphysische Deutungen, unwissenschaftliche Begriffe und systemkonforme Handlungsanleitungen den Wahrheitsgehalt der neuen Entwicklungen. „Auf diese Weise dringt auch die klassenfremde bürgerliche Ideologie in die Denk-, Arbeits- und Lebensweise der Arbeiterklasse ein.“ (S. 7/8)
Die materialistische Dialektik entstand in der Zeit der Aufklärung. Doch nach dem Sieg der bürgerlichen Revolution büßte die bürgerliche Ideologie ihre fortschrittliche Rolle ein. Ihr Antrieb, den Kapitalismus zu verteidigen, hatte gravierenden Einfluss auf die Entwicklung der Naturwissenschaften. Die dialektisch-materialistische Weltanschauung, die den Ursachen der Dinge auf den Grund geht und die Klassenwidersprüche als Triebkraft der Entwicklung des Kapitalismus zum Sozialismus aufdeckt, wurde seither bekämpft.
Im Verlauf seines Vortrags veranschaulichte Stefan Engel, worin die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft auf den verschiedenen Feldern besteht. Er führte dies aus anhand dem Scheitern der Umweltforschung, anhand der Astrophysik mit ihrer idealistischen Urknalltheorie, zur Biologie – ob der Mensch egoistisch ist oder ein Sozialwesen, anhand der Krise der Medizin und der Psychologie unter anderem mit ihrer metaphysischen Trennung von Körper und Geist. Die Ursache liegt in ihrer idealistischen Weltanschauung und ihren metaphysischen Methoden. So sind der moderne Positivismus, Pragmatismus, Negativismus und Empirismus nicht in der Lage, die universelle Wirklichkeit in ihrer Komplexität zu erfassen, trotz aller bedeutenden Einzelerkenntnisse der Naturwissenschaften.
Die Auswirkungen sind dramatisch: so hat sich inzwischen die Umweltkrise fortentwickelt und eine globale Umweltkatastrophe begonnen, ohne dass die Herrschenden willens und in der Lage sind, darauf entsprechend zu reagieren. Im Gegenteil: in typisch positivistischer Weise wird der Gesamtzusammenhang und die Wechselwirkung der verschiedenen Faktoren der Herausbildung der Umweltkatastrophe ausgeblendet – ganz im Interesse der Monopole, die ihre kapitalistische Produktionsweise ungehindert fortführen. Stefan Engel verband dies lebendig und überzeugend mit persönlichen Erfahrungen. Auch entlang des alltäglichen Lebens wurde der schädliche Einfluss der bürgerlichen Ideologie herausgearbeitet und eine erfrischende Polemik entwickelt – zum Beispiel aus leidlichen Erfahrungen bei Krankheiten und Arztbesuchen, wo Pseudowissenschaft und Homöopathie nicht in der Lage sind eine den ganzen Menschen erfassende Medizin als Wissenschaft zu entwickeln.
Auf allen Feldern der Naturwissenschaften gibt es mehr oder weniger weitreichende Fortschritte, die von den Marxisten-Leninisten aufgegriffen werden – aber eine Lösung der Krise der Naturwissenschaften erfordert, dass sich das freie Denken der Arbeiterklasse mit dem dialektischen Materialismus als Weltanschauung umfassend Bahn bricht. Dies ist im Kapitalismus gesamtgesellschaftlich nicht möglich, sondern muss sich mit einer Revolution und dem Aufbau des Sozialismus erkämpft werden. Das Buch und der mobilisierende Vortrag gaben eine Anleitung, sich dieses freie Denken als Arbeiter zu erkämpfen im Bündnis mit den fortschrittlichen Naturwissenschaftlern.
An die 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen am 12. Februar in den Kultursaal Horster Mitte.
Der Saal platzte aus allen Nähten.
Das neue Veranstaltungsformat am Sonntagvormittag mit "den besten Klößen der Welt" - geht man nach Buchautor Stefan Engel - wird gut angenommen.
Die anschließende Diskussion verdeutlichte das große Interesse und den Wunsch, sich an dieses Thema selbst heran zu wagen, das Buch zu lesen und auch zu verbreiten. Da die frischen Klöße keinen Aufschub duldeten, war die Diskussionszeit begrenzt. Es wurde aufgerufen, die begonnene Diskussion weiterzuführen im kollektiv organisierten Studium, bei weiteren Veranstaltungen und beim gemeinsamen Lesen. Stefan Engel beschloss den ersten Teil der Veranstaltung mit der Aufforderung, selbst kritische und selbstkritische Gedanken zum Buch zu entwickeln und selbst zum schöpferischen Anwender des dialektischen Materialismus zu werden!
Einige Stimmen
Eine Besuchergruppe aus Essen resümiert: „Es war sehr interessant. Man konnte feststellen, woher bestimmte Widersprüchlichkeiten im Alltag kommen. Da war vieles wichtig. Man muss das erst mal sacken lassen. Gut ist, dass man ein Werkzeug bekommt, das alles kritisieren zu können. Zum einen die Umweltkrise, wie man damit fertig werden kann. Aber auch die Kriege – warum gibt es immer wieder Kriege? Wir wollen jetzt eine Lesegruppe machen. Das haben wir gerade eben besprochen.“
Einen türkischen Automobilarbeiter bewegt in diesen Tagen das furchtbare Erdbeben in der Türkei stark: „Ich bin trotzdem heute gekommen. Man kann nicht nur das Dunkle in der Welt sehen und wir helfen dort bereits. Der Autor hat das Buch wirklich sehr gut vorgestellt. Es ist interessant, wie viel Arbeit darin steckt! Ich werde noch heute anfangen, es zu lesen. Danach gebe ich es meiner Schwester."
Eine Jugendliche, die mit ihrem Freund vom REBELL mitgekommen ist, ist noch nicht mit allen Positionen einverstanden. „Aber die Argumente waren sehr überzeugend und ich nehme einiges mit von heute. Wo ich noch nicht einig bin, ist, dass der Egoismus beim Menschen allein vom Kapitalismus erzeugt wird. So egoistisch, wie ich schon im Kindergarten war, kann ich mir das nicht vorstellen…“ Gleich entspann sich die Diskussion zwischen den beiden weiter und sie überlegt, zur Lesegruppe zu kommen.
Ein Rentner aus Gelsenkirchen, früher Tankwart und Kfz-Mechaniker, findet die Veranstaltung sehr gelungen: „Toll, dass so viele Leute da sind! Das Thema ist sehr wichtig, weil sich gerade in dieser Gesellschaft einiges ändern muss. Es ist genug Geld da, aber es ist falsch verteilt. Die Politiker arbeiten nur für sich in die eigene Tasche. Wir brauchen da viel mehr Klarheit darüber.“
In der kurzen Umbaupause war der Stand des Verlag Neuer Weg umlagert und wurden zahlreiche Bücher verkauft. Innerhalb von kurzer Zeit wurde der Versammlungssaal umgebaut zum „Restaurant“ mit langen Tischreihen und wurden hunderte Besucher verköstigt, die in gemütlicher Runde beisammen saßen. Eine ganze Reihe stellte sich an zum Signieren, wofür sich Stefan Engel Zeit nahm. Der Rahmen war gelungen: Zeit für Gespräche, Kinderbetreuung durch den Jugendverband REBELL im Jugendzentrum CHE, Englischübersetzung, Musik.
Das Buch kann hier bestellt werden.